Erstaunliche Dichte an Funden und ein Grab der Eisenzeit

Geschichte Fundplatz aus der Frühzeit von Schortens freut den Heimatverein

Schortens- /Johannes Peters, Vorsitzender des Heimatvereins Schortens von 1929 e.V., ist schier begeistert. „Die archäologischen Funde am Mönchenkamp und Huntsteerter Weg sind ein toller Blick in die Frühgeschichte von Schortens“, findet er. Dem stimmt Hendrik Hirth, Archäologe der Eggenstein Exca GmbH Dortmund, voll und ganz zu. Im Auftrag der IDB Oldenburg, die hier 70 Grundstücke erschließen möchte, mussten 20 Prozent der Fläche geöffnet werden, was seit November 2022 erfolgte, ob archäologische Befunde anzutreffen sind. „Das Landesamt für Denkmalpflege in Oldenburg hat die amtliche Auflage zu graben verschärft. Wir haben die Fläche einmal auf links gedreht und einen Volltreffer gelandet“, fährt Hendrik Hirth fort. Zum Vorschein kamen mehrere Hofstellen des 10. bis 13. Jahrhunderts, fünf Hausgrundrisse, neun Brunnen und drei Öfen, insgesamt 660 Befunde.
Dunkle Flecken im Planum wurden fotografiert, eingemessen, im Profil bearbeitet und gezeichnet. Die fünfköpfige Grabungsgruppe ergründete mit Spaten die Tiefe der alten, menschengemachten Bodeneingriffe seit 9. Januar.

Für die geborgenen Fundstücke wurden Profilkarten angelegt, die Nummern der Befunde wurden auf einem Plan eingemessen, und dies wurde nach Dortmund geschickt. Holz aus den Brunnen wird in Köln dendrochronologisch untersucht, erklärte Hendrik Hirth. Die Fundstücke gehören der IDB, die sie dem Landesamt für Denkmalpflege übergibt. „Das bereichert unseren Datenschatz zur Stadtgeschichte“, meinte Johannes Peters.

Ab dem 13. Jahrhundert sei hier keine feste Siedlung mehr nachweisbar, fuhr Hendrik Hirth fort. Denn die Menschen hier waren nicht „steinreich“, sondern es waren alles „nachhaltige“ Rohstoffe, also Holz oder Lehm. Verziegelter Brandlehm, Keramikfragmente aus Muschelgrus und ein selbstschärfender Handmahlstein aus offenporiger Basaltlava aus der Eifel wurden entdeckt. Zehn Pfostengruben sind bis zu einem Meter tief. Von den Pfosten erhielten sich Standspuren. Die Gründung der Brunnen erfolgte mit Holzkästen, deren Holz
im Grundwasser überdauerte. Der Brunnenschacht darüber bestand aus Grassoden. Im Profil ist nachdrückender humoser Boden zu sehen.

Wegen der offenen Feuer wurden die Häuser in den Wind gestellt, erläuterte Hendrik Hirth, und dass das Loch im Giebel daher Windauge, englisch window, hieß. Im Fundschleier der Eisenzeit wurde eine Brandbestattung entdeckt, die gut 1000 Jahre älter als die Siedlung ist. „Um Sondengänger abzuhalten, haben wir das erst kurz vor Ende der Grabung bekanntgegeben“, so der Archäologe.

Der Verwaltungsaufwand, Fundstücke aus Schortens vom Landesamt für Denkmalpflege wiederzubekommen, sei hoch, sagte Hendrik Hirth. Die Funde vom Diekenkamp seien gerade in Oldenburg. Eggenstein Exca habe 20 laufende Projekte, Mitarbeitende sind wochenweise eingesetzt. „Selten erhalten wir einen solch kompletten Einblick in die Siedlungsgeschichte mit Häusern und Gräben“, ist auch der Archäologe erstaunt. Früher errichteten drei bis vier
Mitarbeiter ein lokales Messnetz mit Schnüren. Heute arbeitet man mit Feldmesser über GPS. Benachbart konnten weitere zwei Brunnen nachgewiesen werden. Dass sich die Fundplätze von der St. Stephanus-Kirche bis zum Kloster Oestringfelde ziehen, sei auf der Geestinsel nicht verwunderlich, dennoch überrasche die Dichte der Funde. „Ackergold“, also Metallfunde der Neuzeit, waren im Übrigen auch unter den Objekten, darunter ein Aufschlagzünder, der von der Flakbatterie an der Schooster Straße stammen könnte, mutmaßt
Johannes Peters. Die Prospektionsfläche ist sechs Hektar und die Grabungsfläche einen Hektar groß. Sie wird geschlossen, denn die Kanalbaufirmen, die nachrücken, können mit den Löchern nichts anfangen, sagte der Archäologe.

Heiligtum wieder komplett

Das sogenannte Heiligtum, ein Wäldchen am Klosterpark Oestringfelde, ist durch eine zwölfte Linde komplettiert worden. Der Vorgängerbaum war vor zwölf Jahren ausgegangen und entfernt worden. Die Bauhofmitarbeiter Klaus Franzen und Dennis Nagel gruben den jungen Baum vorsichtig mit Spaten in den Humusboden ein, sagte Johannes Peters, Vorsitzender des Heimatvereins Schortens von 1929 e.V., der sich um die Anlage kümmert. In der Mitte der Anlage, die nach seiner Meinung für Lesungen, Musik und Vorträge ideal sei,
wächst eine Eiche. „Die Stadt Schortens sollte sich mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises abstimmen, wie Wildwuchs zu entfernen ist“, fügt er hinzu. Denn, so Johannes Peters, größere Pflegemaßnahmen seien erst ab Oktober wieder erlaubt.

Anekdoten über ehrwürdiges Gemäuer

Text: Henning Karasch, Bilder: Henning Karasch, Jürgen Niemann

Geschichte Heimatverein Schortens von 1929 e.V. besuchte Reepsholt am 15.03.2023

Reepsholt– /Klaus Dörries war 35 Jahre lang Pastor an der St.Mauritius-Kirche Reepsholt. Mitgliedern des Heimatvereins Schortens von 1929 e.V. stellte er „seine“ Kirche vor, in der er seine volle Amtszeit tätig war. „Erst wollte ich nicht hierher. Bei meinem ersten Besuch hatte ich einen Achsbruch, doch niemand verstand mich“, erinnerte sich der Theologe.

450 Jahre nach dem Thesenanschlag Martin Luthers am 31.Oktober 1517, also 1967, sei er hier geweiht worden. „Die Menschen merkten, dass ich ernstnahm, was sie bedrückte. Kam ich zum Trauerbesuch, aber die Kuh kalbte, kam erst das Kalb auf die Welt.

So standen mir die Türen offen“, fuhr Klaus Dörries (Bildmitte) fort. Er habe es geschafft, innerhalb eines Jahres in jedes Haus zu kommen. Bei Streit in einer der flächengrößten Kirchgemeinden Ostfrieslands sei er oft vor der Polizei gerufen worden.

Klaus Dörries wurde das Indigenat als Ostfriese verliehen, unter anderem wegen seiner Verdienste um die 1000-Jahrfeier Reepsholts, und zu seinem Abschied war das Dorf geflaggt. Anfangs wohnte die Familie in Wiesede. Die Tochter des Pastors begleitete Gottesdienste an der Orgel.

Die Orgel stehe auf der Nordseite, der Seite des Teufels. Ein Problem waren die ausblühenden Wände, weil nur stoßweise geheizt wurde. Vier- bis fünfmal im Jahr fuhr Klaus Dörries nach Hannover zum Kulturministerium und anderen Behörden. Am Ende war eine Million Deutsche Mark zur Renovierung beisammen. „Das Landeskirchenamt teilte wie auswendig gelernt mit, kein Geld zu haben. Mit dem Kirchenvorstand haben wir mit Spitzhacken selbst die Wände freigehauen“, erinnerte sich der Seelsorger. „Bei der Restaurierung wurden außen alle Quader gelöst. Es waren schlimme drei Jahre, mit Trauungen in der Friedhofskapelle“, so Klaus Dörries.

Er kam auch auf die Stiftskirche, die einmal im Ort stand, zu sprechen. Sein Wohnhaus stehe auf dem Klosterbrunnen, der von der Ostfriesischen Landschaft untersucht wurde. „Der Sand, um die Fundstelle zu schließen, kostete mich 12 000 D-Mark“, fuhr Klaus Dörries fort. Eine weitere Anekdote war, dass einmal kein Taufwasser bereitstand und der Küster Wasser in einer grünen Kanne vom Friedhof holen musste.

Als 1642 die Mansfelder Reiter vertrieben wurden, war die Kirche beschädigt. Der Drost von Friedeburg stiftete den Altar. Der Fußboden des Altarbilds setzt sich in echten Platten vor dem Altar fort. Das Altarbild zeigt die Kirche und das alte Pfarrhaus mit Treppenturm. Eine Holzbalkendecke ersetzte das Gewölbe. Die Barockkanzel soll sich in einem New Yorker Museum befinden. Die Nachfolgerin wurde von einer alten Dame gestiftet. Nach ihrem Tod soll der Küster ihren Geist stets in der Bank sitzen und auf die Stelle deuten sehen haben, wo die neue Kanzel stehen sollte. Sie sei gebaut worden, weil der Küster den Anblick beim Anschreiben der Kirchenlieder nicht ertrug.

Klaus Dörries wies auf die Holzskulptur des heiligen Mauritius hin, die älter als die um 1200 errichtete Kirche sei, auf die Kronleuchter und das Sängerpult. Sogar ein Mord geschah in St. Mauritius. Am 2. Januar 1914, „abends 9 Uhr“, starb Pastor Christian Wilhelm Loets „hier in der Kirche durch Mörderhand“, wie eine Gedenktafel wissen lässt.

Der Pastor, so Klaus Dörries, habe wohl einen Landstreicher erwischt, wie der den Opferstock stehlen wollte. Dieser habe auf den Pastor geschossen und diesen verletzt. Bei der Flucht muss der Täter befürchtet haben, dass sein Opfer ihn wiedererkennen würde, und kehrte zurück, ihn zu töten. Das Grab von Pastor Loets, seiner Frau und Tochter befindet sich unweit des Eingangs.

Weitere Bilder der Kirchenführung von Henning Karasch und Jürgen Niemann: