Gerhard Aden

O, Deutschland hoch in Ehren

von Menno Aden

Die folgenden Aufzeichnungen stammen von meinem Vater, Gerhard Aden, geboren als letzter von sechs weiteren Söhnen und einer Tochter des Schiffers und Landwirts Mênno Jacobs Aden (1860 – 1930) und Gesine Jeanette geb. de Vries (1863 – 1955) in Stiekelkamperfehn/Ostfriesland am 14.6.1906, gest. 16.11.1989 in Oldenb6urg.

Das Folgende ist aus dem Nachlass meines Vaters zusammengestellt, gelegentlich angepasst und nach Erzählungen ergänzt. Mein Vater und ich haben viele und lange Spaziergänge gemacht, und immer wieder war das Thema Deutschland. Auch aus heutiger Sicht eher peinliche Dinge sind nicht gestrichen. Das Fronttagebuch und das Tagebuch aus der Gefangenschaft sind fast wörtliche Wiedergaben nach der Handschrift. Er spricht in der Erzählung „Maiwald“ von sich als Johannes, er hieß Gerhard Johannes Aden. Ich habe die Texte sprachlich etwas geglättet. Ich versichere aber, dass ich keine Stellen gestrichen oder bearbeitet habe, in denen mein Vater sich zu den Verirrungen der Zeit und seinen eigenen bekennt. Er war ehrlich gegen sich selbst. An manchen Stellen habe ich aus mündlichen Berichten nachgestellt. Von mir stammen die Überschriften.

Mein Vater wünschte nach 1918 wie so viele mit heißem Herzen den Wiederaufstieg Deutschlands. 1929 als 23jähriger Theologiestudent in Bonn trat er der NSDAP bei, die er für eine patriotische Bewegung nahm. Für die „Märzgefallenen“*, die nach der Reichstagswahl im März 1933 in die Partei strömten, hatte er wenig Verständnis. Er selbst war damals bereits innerlich wieder ausgetreten. Nach 1945, als dann niemand dabei gewesen war, scheute mein Vater sich nicht, öffentlich zu sagen: Ich war dabei, ich war Deutscher Christ, ich habe bis zuletzt für den deutschen Sieg und Deutschlands Ehre gekämpft. Auch ich habe Juden auch nicht recht gemocht, aber von den Verfolgungen haben wir wenig und von den Judenmorden gar nichts gewusst. Ein solcher Mann steht immer etwas neben dem Strom der Zeit, welcher den Wetterfahnen die Richtung weist. Sein Nachsatz verweht dann ungehört: Gerade aus diesem Grunde konnte ich als alter Parteigenosse, wenn alle zu allem schweigen, vieles sagen und tun. Mein Vater hatte Rückgrat. Damit passt man aber nicht durch jede Kirchentür.

Die hier berichteten Erlebnisse fallen nicht aus dem Rahmen des sonst Bekannten. Sie werfen kein grundsätzlich neues Licht auf die damalige Zeit. Sie ergänzen es aber. Die NS-Zeit war doch für die meisten Menschen, so normal! Man hörte nicht Radio und las wenig Zeitung. Nur wer genau hinschaute und etwa als Kommunist oder Jude, unliebsam war, empfand Zwang und Unrecht. Aber wer war schon Kommunist oder Jude in Ostfriesland oder im Oldenburger Land?

Der Kriegsalltag war oft so leer und langweilig. Auch an der Front überlagerten täglicher Trott und Eifersüchteleien das große Geschehen. Mit dem Jahr 1943 wird der Krieg wirklich ernst. Meinem Vater aber bringt dieses Jahr die Beförderung zum Hauptmann der Reserve und da EK 1. Auf beides war er zeitlebens stolz. Gegen Ende des Jahres wird er in den Westen versetzt, und er steht ab jetzt außerhalb unmittelbarer Gefahr. Die Etappe hat aber ihre eigenen Gefahren. Die Erzählung „Maiwald“ zeigt den Selbstlauf eines Systems, das sich selbst nicht mehr kontrollieren kann. Diese von meinem Vater als Erzählung ausgeschriebene Begebenheit wird durch im Nachlass befindliche Briefe von Beteiligten in allen Einzelheiten bestätigt. Das Tagebuch aus der amerikanischen Gefangenschaft zeigt ein Erwachen wie nach einem schweren Unfall.

Der Herr, dem er vertraute und dem er als Pastor von 1947 bis 1971, zuerst in Schortens/Friesland, ab 1962 in Rastede/Oldenburg in Treue und mit großem Fleiß diente, trug meinen Vater durch ein glückliches Leben. Er lebte in ungetrübter Ehe mit der 1942 in Spa/Belgien gefundenen Ortrud Schramm aus Hamburg-Wandsbek, Tochter des Großkaufmanns Konrad Schramm und seiner Ehefrau Eva Bubenday. Meine Eltern sahen ihre fünf Kinder recht munter an diesem Leben teilnehmen und dann auch ihre Enkel aufwachsen. Von den Seinen geliebt, geachtet von denen, die ihn kannten, ging Gerhard Aden in dem gesegneten Alter von 83 Jahren am 16. November 1989 zu seinen Vätern. Den Fall der Berliner Mauer hat er noch erlebt. Dieser Wunsch für unser Vaterland hatte sich ihm damit am Ende doch noch erfüllt.

* Ursprünglich Bezeichnung für die in der Märzrevolution 1848 zu Tode gekommenen Demonstranten, dann spöttisch umgemünzt auf die neu zur NSDAP Bekehrten

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