Untergrund gibt immer noch Rätsel auf

Geschichte Was war genau am Diekenkamp in Schortens
Schortens-/ Bevor am Diekenkamp in Schortens von IDB Oldenburg, einer
Tochtergesellschaft der Landessparkasse zu Oldenburg, Grundstücke erschlossen werden durften, mussten zehn Prozent des sechs Hektar großen Areals archäologisch untersucht werden, wie es das Landesamt für Denkmalpflege und die Untere Denkmalschutzbehörde des Landkreises Friesland vorschreiben. Beauftragt war damit Eggenstein Exca aus Dortmund.
Dr. Georg Eggenstein und Ulrike Beverungen, die dort 2020/21 gegraben hatten, stellten ihre archäologischen Ergebnisse vor rund 60 Gästen des Heimatvereins Schortens von 1929 e.V. vor.

Auf dem Gelände wurde die erstaunlich hohe Anzahl von 83 Brunnen nach-gewiesen, dazu sorgfältig angelegte Gräben mit muldenförmigem Profil. „Sie haben nicht lange offengelegen, weshalb sich ihr Profil gut erhielt“, sagte der Referent. Der Grundwasserspiegel lag zwar im 12. Jahrhundert, auf das die Brunnen dank verbauten Holzes datiert werden konnten, etwas höher. Dennoch seien die Gräben nicht tief genug, um Wasser zu führen. Aus den Reihen der
Gäste kam die Idee, dass diese länglichen Vertiefungen eben keine Gräben waren, sondern bis zu 20 Meter lange Mulden für Erdmieten, in denen Vorräte wie Rüben gelagert werden konnten. „Zu dieser Zeit, als dort gesiedelt wurde, war die St. Stephanus-Kirche im Bau. Acht Jahre lang waren daran bis zu 200 Personen tätig, die etwas essen mussten“, meinte dazu Johannes Peters, Vorsitzender des Heimatvereins. Die Brunnen aus Gras- oder Torfsoden
könnten sowohl zum Ablöschen des Kalkbrandes als auch zur Trinkwasserversorgung gedient haben. Genau nachweisen, wozu Brunnen und Gräben dienten, wird man es wohl nie, sagte Dr. Georg Eggenstein bedauernd. Die im offenen Feldbrand gefertigten Kugeltöpfe, deren Scherben geborgen wurden, habe es bis ins 13. Jahrhundert gegeben. Auch scheibengedrehte,
dünnwandige Keramik aus dem Rheinland wurde entdeckt. Knochenfunde lasse Sandboden nicht zu, so der Experte. In diesem relativ tief liegenden Gebiet zwischen Geest und Marsch sei weder zuvor noch danach dauerhaft gesiedelt worden.

(Bilder von Jürgen Niemann)

Erstaunliche Dichte an Funden und ein Grab der Eisenzeit

Geschichte Fundplatz aus der Frühzeit von Schortens freut den Heimatverein

Schortens- /Johannes Peters, Vorsitzender des Heimatvereins Schortens von 1929 e.V., ist schier begeistert. „Die archäologischen Funde am Mönchenkamp und Huntsteerter Weg sind ein toller Blick in die Frühgeschichte von Schortens“, findet er. Dem stimmt Hendrik Hirth, Archäologe der Eggenstein Exca GmbH Dortmund, voll und ganz zu. Im Auftrag der IDB Oldenburg, die hier 70 Grundstücke erschließen möchte, mussten 20 Prozent der Fläche geöffnet werden, was seit November 2022 erfolgte, ob archäologische Befunde anzutreffen sind. „Das Landesamt für Denkmalpflege in Oldenburg hat die amtliche Auflage zu graben verschärft. Wir haben die Fläche einmal auf links gedreht und einen Volltreffer gelandet“, fährt Hendrik Hirth fort. Zum Vorschein kamen mehrere Hofstellen des 10. bis 13. Jahrhunderts, fünf Hausgrundrisse, neun Brunnen und drei Öfen, insgesamt 660 Befunde.
Dunkle Flecken im Planum wurden fotografiert, eingemessen, im Profil bearbeitet und gezeichnet. Die fünfköpfige Grabungsgruppe ergründete mit Spaten die Tiefe der alten, menschengemachten Bodeneingriffe seit 9. Januar.

Für die geborgenen Fundstücke wurden Profilkarten angelegt, die Nummern der Befunde wurden auf einem Plan eingemessen, und dies wurde nach Dortmund geschickt. Holz aus den Brunnen wird in Köln dendrochronologisch untersucht, erklärte Hendrik Hirth. Die Fundstücke gehören der IDB, die sie dem Landesamt für Denkmalpflege übergibt. „Das bereichert unseren Datenschatz zur Stadtgeschichte“, meinte Johannes Peters.

Ab dem 13. Jahrhundert sei hier keine feste Siedlung mehr nachweisbar, fuhr Hendrik Hirth fort. Denn die Menschen hier waren nicht „steinreich“, sondern es waren alles „nachhaltige“ Rohstoffe, also Holz oder Lehm. Verziegelter Brandlehm, Keramikfragmente aus Muschelgrus und ein selbstschärfender Handmahlstein aus offenporiger Basaltlava aus der Eifel wurden entdeckt. Zehn Pfostengruben sind bis zu einem Meter tief. Von den Pfosten erhielten sich Standspuren. Die Gründung der Brunnen erfolgte mit Holzkästen, deren Holz
im Grundwasser überdauerte. Der Brunnenschacht darüber bestand aus Grassoden. Im Profil ist nachdrückender humoser Boden zu sehen.

Wegen der offenen Feuer wurden die Häuser in den Wind gestellt, erläuterte Hendrik Hirth, und dass das Loch im Giebel daher Windauge, englisch window, hieß. Im Fundschleier der Eisenzeit wurde eine Brandbestattung entdeckt, die gut 1000 Jahre älter als die Siedlung ist. „Um Sondengänger abzuhalten, haben wir das erst kurz vor Ende der Grabung bekanntgegeben“, so der Archäologe.

Der Verwaltungsaufwand, Fundstücke aus Schortens vom Landesamt für Denkmalpflege wiederzubekommen, sei hoch, sagte Hendrik Hirth. Die Funde vom Diekenkamp seien gerade in Oldenburg. Eggenstein Exca habe 20 laufende Projekte, Mitarbeitende sind wochenweise eingesetzt. „Selten erhalten wir einen solch kompletten Einblick in die Siedlungsgeschichte mit Häusern und Gräben“, ist auch der Archäologe erstaunt. Früher errichteten drei bis vier
Mitarbeiter ein lokales Messnetz mit Schnüren. Heute arbeitet man mit Feldmesser über GPS. Benachbart konnten weitere zwei Brunnen nachgewiesen werden. Dass sich die Fundplätze von der St. Stephanus-Kirche bis zum Kloster Oestringfelde ziehen, sei auf der Geestinsel nicht verwunderlich, dennoch überrasche die Dichte der Funde. „Ackergold“, also Metallfunde der Neuzeit, waren im Übrigen auch unter den Objekten, darunter ein Aufschlagzünder, der von der Flakbatterie an der Schooster Straße stammen könnte, mutmaßt
Johannes Peters. Die Prospektionsfläche ist sechs Hektar und die Grabungsfläche einen Hektar groß. Sie wird geschlossen, denn die Kanalbaufirmen, die nachrücken, können mit den Löchern nichts anfangen, sagte der Archäologe.

Heiligtum wieder komplett

Das sogenannte Heiligtum, ein Wäldchen am Klosterpark Oestringfelde, ist durch eine zwölfte Linde komplettiert worden. Der Vorgängerbaum war vor zwölf Jahren ausgegangen und entfernt worden. Die Bauhofmitarbeiter Klaus Franzen und Dennis Nagel gruben den jungen Baum vorsichtig mit Spaten in den Humusboden ein, sagte Johannes Peters, Vorsitzender des Heimatvereins Schortens von 1929 e.V., der sich um die Anlage kümmert. In der Mitte der Anlage, die nach seiner Meinung für Lesungen, Musik und Vorträge ideal sei,
wächst eine Eiche. „Die Stadt Schortens sollte sich mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises abstimmen, wie Wildwuchs zu entfernen ist“, fügt er hinzu. Denn, so Johannes Peters, größere Pflegemaßnahmen seien erst ab Oktober wieder erlaubt.