Plattdeutsch Fachfrau der Ostfriesischen Landschaft beim Heimatverein Schortens
”Die Eltern haben Platt gesprochen, wir haben längst damit gebrochen, denn wenn man etwas Bildung hat, blamiert man sich so mit dem Platt”, diesem Sinnspruch seien in ihrer Jugendzeit leider viele Menschen in Ostfriesland gefolgt, bedauerte Meike Baumann, Besucherin der Vortragsveranstaltung ‘In Plattdüütsch steckt Leven‘ des Heimatvereins Schortens.
„Wo dat mit Plattdüütsch wiedergahn kann“ zeigte ihr und den übrigen 50 Besuchern Cornelia Nath, Plattdeutsch-Expertin der Ostfriesischen Landschaft, auf. Nath erklärte in ihrem Vortrag im Rahmen der Plattdüütsch Week, wie nach dem Zweiten Weltkrieg Schulbildung immer wichtiger angesehen und das Platt als hinderlich betrachtet wurde. Plattsprechende Eltern hätten mit einer Mischsprache aus Platt- und Hochdeutsch ihre Kinder verunsichert, „sie um eine richtige Muttersprache betrogen“. Die Kinder wandten sich schließlich vollends von der Sprache ihrer Vorfahren ab.
Doch Platt sei „kein undifferenzierter Dialekt“, so Nath, und auch zur Ehrenrettung der Sprache hatte Besucherin Baumann einen Spruch parat: „Minsch, blamier dien Öllern nich, dat verdeent se wirklich nich. Beide Spraaken münn bestahn, kiene dröff uns unnergahn, kannst mit mi gern Plattdüütsch schnacken, diene Bildung geiht nich sacken. Well twee Spraaken sprecken kann, is keen Dööskopp, glööf dat man“. Ehrenamtliche Mitarbeiter an Schulen wie Meike Baumann, Großeltern, die leider oft weit weg wohnten, Sprechanlässe in der Freizeit wie die Jugendfeuerwehr oder die Familie, die immer noch den kindgerechtesten Lernort darstelle, könnten, so Nath weiter, für eine „runde Aussprache“ sorgen. Lehrer unterschätzten oft die Plattsprecherzahl in ihren Klassen, dabei könne „alles im Leben in Plattdeutsch erledigt werden“. Ausflüge zu außerschulischen Lernorten wie Bauernhof oder Polizei sollten ebenso genutzt werden wie Besuche von „Vertellpaten“, die nach wie vor für Schulen gesucht würden. Lehrer müssten Platt zur „Herzensangelegenheit“ machen. Platt müsse ernst genommen werden, denn ohne Schriftsprache zu sein, sei die Sprache vielen Menschen nichts wert. Auch Ostfriesland sei mit 25 Prozent Sprechern kein „Plattparadies“ mehr, so Nath. Das Papier der Europäischen Sprachencharta, mit der 60 Minderheitensprachen geschützt würden, sei geduldig. Neben kommunalen Plattdeutschbeauftragten brauche jede Schule einen Fachberater, um mittelfristig Grundschulkindern Unterricht in drei Sprachen, Plattdeutsch neben Hochdeutsch und Englisch, und zweisprachigen Fachunterricht bieten zu können. In Westfriesland, erklärte Nath, sei man weiter und unterrichte Kinder in den ersten vier Jahren jeweils zur Hälfte auf Niederländisch und Friesisch.
Da die Pflege der plattdeutschen Sprache erklärtes Ziel des Heimatvereins ist, unterhielten im weiteren Verlauf des Abends Ute de Haan und Gitta und Udo Franken als ‘Gitta-Franken-‘ mit eigenen Liedern ihr Publikum. Die drei Ostfriesen aus dem Auricher Raum sind vielseitig künstlerisch aktiv. Ihr Anliegen ist es besonders, Kindern Plattdeutsch als ‘cool‘ darzustellen. Für Kinder haben sie extra eine CD mit dem Titel ‘Plattdüütsch is cool‘ herausgebracht. Erst am Vortag besuchten sie die dritte Klasse der Grundschule Sande. Auch im Bürgerhaus hatten sie ihre Zuhörer mit Liedern vom ostfriesischen Dickkopp, vom Anderssein und vom Wettstreit zwischen See- und Windhund sofort auf ihrer Seite. Zu ihren Liedern wurde ausgelassen geklatscht, geschnipst und gehopst.
Theda Ahlrichs zeigte mit ihren Geschichten die „veelen Kleuren von Platt“. Nachdenkliches über die Weisheit ihrer Großmutter war ebenso darunter wie Betrachtungen zur Mischsprache ‘Plochdeutsch‘, in der gebürtige Plattsprecher Begriffe wie „geh‘ auf‘m Sofa liegen“ verwenden.