„Tante Emma Läden“ – warum sind sie verschwunden

Ja wer kennt sie noch unsere Tante Emma Läden. Sie entwickelten sich, als die Mobilität durch moderne Verkehrsmittel noch nicht gegeben war. Die Hausfrauen wollten und mussten die benötigten Waren des täglichen Bedarfs in der Nähe beschaffen können. Kluge Wirte und Kaufleute gründeten Geschäfte die sich bald zu waren Wundern der Bedarfsdeckung entwickelten. Das Sortiment enthielt, was täglichen in den Haushalten benötigt wurde. Da gab es Gewürze, Grundnahrungsmittel wie z. B. Mehl, Graupen aber auch Schürzenstoffe, Schulhefte oder Petroleum für die Beleuchtung an langen Winterabenden. Der Kaufmann bekam die Waren nicht von großen Lieferanten vorfinanziert und führte nur, was sich in absehbarer Zeit verkaufen ließ.

Die Grundnahrungsmittel erzeugten die Einwohner der Ortsteile selber. Dazu diente der eigene Garten und der Hühner-, Schweine-, oder Schafstall. Bei den Bauern kam noch das Rindfleisch hinzu. Besondere Waren wie z. B. Südfrüchte zu Weihnachten konnte man in ausgesuchten Geschäften in Jever kaufen. Fisch wurde von durchziehenden Händlern, die sich durch lautes Klingeln vor den Häusern bemerkbar machten, gekauft. Auch wurde vieles getauscht und in den Kontrakten der Landarbeiter mit den Bauern gab es die wundersamsten Vereinbarungen. Da konnte es vorkommen, dass der Tagelöhner als Teilmietleistung irgendwelche Arbeiten für den Bauern zu verrichten hatte oder auch der große Bauer sich nicht mit der Aufzucht von Gänsen beschäftigte sondern diese von dem bei ihm beschäftigten Arbeiter bezog.

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In jedem Ortsteil gab es mit Sicherheit eine oder mehrere Wirtschaften, von denen ein Teil im gleichzeitig angeschlossenen Kramladen die zum täglichen Bedarf gehören- den Artikel anbot oder man kaufte diese eben in den separaten Kaufmannsläden. Diese so genannten „Tante Emma Läden“ blieben uns bis nach dem letzten Krieg erhalten.

Geschäfthaus TH. Janssen, Heidmühle 1932

Das waren z. B. in Schortens H. B. Gerdes, später Egon Caspers, in Heidmühle Emma Hasenkamp oder Th. Janssen. und viele mehr. Die „Tante Emmaläden“ bildeten immer auch ein wichtiges Kommunikationszentrum.

Hier erfuhren die Hausfrauen, was die Männer vom Friseur oder aus der Kneipe mitbrachten..

clip_image004Um beim Einkauf nicht den beliebig festgesetzten oft überteuerten Preisen der Händler ausge- liefert zu sein, wurden von Verbrauchern oder Gewerkschaften die um die Wende ins 19. Jahrhundert die Lebenshaltung durch billigere Waren zu verbessern trachteten, Konsumgenossenschaften gegründet.

 

Links: Laden von Emma Hasenkamp in Heidmühle

Sie wurden in Deutschland bald zu den dynamischsten Mitbewerbern des Einzelhandels. Bald stellten die Konsumgesellschaften auch eigene Produkte her. Das war für Deutschland sicher der Beginn der Supermärkte wie wir sie jetzt bei allen Einkäufen erleben.

In den 50er Jahren wird aus Amerika ein neuer Einkaufstrend importiert, Selbstbedienung! Kunden nehmen sich verpackte Ware selbst aus den Regalen. Mit dem damit einhergehendem Rückgang des Verkaufspersonals änderten wir, zunächst noch unbewusst, allmählich unser Einkaufsverhalten.

Noch ließ es sich der Ladeninhaber nicht nehmen, beratend im Geschäft tätig zu sein. Verkäuferinnen gab es zunächst noch zum Abwiegen bestimmter Waren so wie wir es heute nur noch an den Fleisch- und Käsetheken erleben. Vorzugsweise im Obst- Gemüsebereich wählt der Kunden heute Ware und Menge selber aus und füllt diese in angebotene Plastiktüten. In einigen Läden gibt es Waagen mit Etikettenausgabe zum Selbstauswiegen, in anderen wird der Wiegevorgang von der Kassiererin an der Kasse übernommen.

clip_image006clip_image008Die Selbstbedienungsläden breiteten sich schnell aus. Die Einzelhändler konnten bei den durch Masseneinkauf günstigeren Preisen der Handelsketten nicht mehr mithalten. . Das war Anlass für Fritz Borrmann in Halle die erste regionale Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler die E.d.K. zu gründen, die sich rasch ausbreitete. Heute besteht die Gruppe aus etwa 4 500 selbst- ständigen Einzelhändlern als Vollsortimenter. Dazu kommen das expandierende Tochterunternehmen mit dem Netto – Marken – Discount Läden.

In Schortens befinden sich die beiden Neukauf Geschäfte der Gebrüder Janssen am Mühlenweg und in Grafschaft. Im Jahr 2005 übernahm Edeka den angeschlagenen Hamburger Konkurrenten Spar und die Discountkette Netto Die ehemaligen Spar Händler begannen bald darauf mit der Umbenennung in Neukauf. Nur wenige Schritte voneinander entfernt in der Menkestraße befinden sich die zur Edeka Gruppe gehörenden Geschäfte von Netto und Plus.

Wenn wir von den Discountern in Heidmühle reden, dürfen natürlich LIDL und Aldi nicht fehlen. „Discount ist die Kunst des Weglassens“, wird oft gesagt. Discounter bieten nicht jeden Artikel jedes Herstellers an. Nicht selten sind es eigene oder Fremdunternehmen die speziell für den Discounter hergestellte bzw. abgepackte Waren an diese liefern. Auch das Abfüllen von Markenartikeln in Spezialverpackungen ist gebräuchlich.

clip_image010Um ihre Standorte in Schortens zu erweitern, bauten Neukauf und Aldi auf dem vormaligen Gelände mit Turnhalle des TUS Östringen im Jahr 2003 neue Filialen. In dem Gebäude befinden sich außerdem die heute privat betriebene Poststelle und Bäckerei – Konditorei

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Die Anfänge von Lidl reichen bis in die 30er Jahre zurück, als das Unternehmen im Schwäbischen als Lebensmittel-Sortimentsgroßhandlung gegründet wurde. Heute ist Lidl unter den Top 10 des deutschen Lebensmittel-Einzelhandels und als internationale Unternehmensgruppe mit eigenständigen Landesgesellschaften in ganz Europa aktiv. Nach der Eröffnung der ersten Lidl-Filialen rund um Ludwigshafen in den 70er Jahren, der Expansion innerhalb Deutschlands clip_image014bis in die späten 80er Jahre und dem internationalen Engagement seit Beginn der 90er Jahre bestehen heute Filialen in fast allen Ländern Europas. LIDL hat im Jahr seine Aktivitäten nach Heidmühle in die Jadestraße verlegt. (LIDL eigene Angaben Internet)

Das Unternehmen Aldi hatte seinen Start (lt. Internet WIKIPEDIA) 1913 als Lebensmittelgeschäft in Essen, dass lt obiger Quelle von der Mutter der Söhne Karl und Theo Albrecht betrieben wurde. Die Söhne übernahmen nach dem Zeiten Weltkrieg das Geschäft und hatten 1950 bereits eine kleine Kette mit dreizehn Geschäften. 1960 im Jahr der Aufteilung in Aldi Nord und Aldi Süd waren es bereits 300 Läden. Die Aldi-Gruppe betreibt heute rund 7.000 Filialen in Europa und etwa 1.200 Filialen in Australien und den USA. Jede Woche kommt im Schnitt eine Filiale irgendwo auf der Welt hinzu.

In Heidmühle kam zu diesen Geschäften als letztes noch der Vollsortimenter Combi. Das Unternehmen ist nur im Nordwesten Deutschlands aktiv und gehört zur Bünting Gruppe Leer.

Als Vollsortimenter führt Combi ca. 12 000 Food – und 9 000 Non-food Artikel in 69 Verbrauchermärkten mit über 3200 Mitarbeitern. Das Combi Angebot umfasst Backwarenshops, Blumengeschäfte,

Foto-, Tabak- und Zeitschriften-Shops, Postagenturen und Lotto-Annahmestellen.

Die Fülle an Einkaufsmöglichkeiten im Ortskern mit Parkplätzen vor der Tür für Heidmühle ein Glücksfall. Die Tante Emma Läden mit manchen speziellen Warenangeboten sind verschwunden. Trotz der Vielfalt an Artikeln in den Supermärkten und bei den Discountern ist nicht zu übersehen, dass damit die Ein oder andere Ware aus den Läden verschwindet. Als Bespiel sei nur an die vielen kleinen Molkereien mit ihren speziellen Käseangeboten in Vielfalt an Geschmacksrichtungen erinnert die nicht mehr gegeben ist seit die Zusammenschlüsse in Milchzentralen über ganz Norddeutschland erfolgten. Auch liebgewordene Artikel, an die man sich gewöhnt hatte, sind dann plötzlich nach irgendwelchen Zusammenschlüssen plötzlich aus den Regalen verschwunden. Ist nicht mehr gelistet ist eine der Antworten, die man auf Nachfrage bekommt.

Ja, und was machen die im großflächigen Schortens etwas entfernter wohnenden Einwohner aus Schoost, Roffhausen und dazu darf man auch schon Ostiem nennen. Ohne Auto ist man als Älterer dann ohne selbstständige Versorgung. Zögernd wird hin und wieder schon mal ein Bringedienst angeboten. Über einen ersten Versuch berichteten in diesem Sommer die Tageszeitungen. Der paritätische Wohlfahrtsverband Friesland will in Verbindung mit „Essen auf Rädern“ einen Dienst einrichten, der auf Anruf einmal wöchentlich alle Waren, außer Konserven, gegen eine angemessene Liefergebühr ins Haus bringt.

So ist der Vorteil einer gewissen Preisstabilität durch die bestehende Konkurrenz zwischen den Supermärkten und Discountern für entlegener wohnende, ältere Mitbürger nicht nur ein Vorteil. Ein Teil der günstigeren Preise wird so durch Anfahrkosten unwirksam.

Keinesfalls vergessen darf man die, durch die vielen Einzelverpackungen und die oft viel zu großen Mogelpackungen, mit Einführung der Selbstbedienung erheblich gewachsenen Abfallberge.

clip_image016Mehl aus dem großen Sack in Tüten gefüllt, Senf aus dem großen Fass in mitgebrachte Gläser, Milch aus großen Kannen in kleine Milcheimer, dass alles ist für immer vorbei. Und die Unterhaltung für die auch immer ein Stuhl bereitstand? In großen Märkten wäre er zumindest zum gelegentlichen Ausruhen angebracht.

Alfred Amman

Juli 2010


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