Sechs Apotheken in den Ortsteilen Heidmühle, Grafschaft und Roffhausen sichern heute die medizinische Versorgung der Einwohner von Schortens. Der hohe Anteil der in den Apotheken vorgehaltenen Fertigpräparate ermöglicht, dass man die verordneten Medikamente oft schon auf dem Rückweg vom Arzt mit nach hause nehmen kann. Sind einzelne der benötigten Heilmittel nicht vorhanden, sorgt ein Schnelldienst, dank moderner elektronischer Hilfsmittel für kurzfristige Anlieferung, häufig noch am gleichen Tag.
Die Anzahl an Fertigprodukten hat, speziell in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ständig zugenommen und beträgt heute im Durchschnitt ca. 90 %. Ausnahmen bestehen natürlich, besonders wenn ein Hautarzt in der Nähe wohnt, weil auf diesem Gebiet immer noch individuelle Zusammenstellungen benötigt werden. Derartige Dienstleistungen waren für unsere Großeltern, ja selbst für die heute noch lebenden älteren Einwohner von Schortens unvorstellbar. Erst 1957 gab es die erste Apotheke in Schortens. Versuchen wir einen Blick zurück:
Der erste Arzt der sich in Schortens niederließ, war Dr. Wiesenthal. Kurz danach, ca. um 1904 eröffnete Dr. Gossel seine Praxis. Wegen der schwierigen Versorgung mit Medikamenten erklärte er sich bereit, eine sog. Hausapotheke zu führen.
Leider hatte man bei diesen Überlegungen nicht die Frage des Futterneids bedacht. Im Gemeinderatsprotokoll vom 12. April 1905 wird unter Punkt c. vermerkt: „Die Ärzte in Jever haben das Halten der sog. Kassenapotheke durch Dr. Gossel für standeswidrig und unkollegial erklärt. Herr Dr. Gossel hat daraufhin auf das fernere Halten der Apotheke verzichtet. Der Gemeinderath erklärt sich bereit, etwaige Kosten, die die anderweitige Unterbringung mit sich bringen könnte, zur Hälfte zu übernehmen und wählt zur weiteren Beordnung die Mitglieder Teich, Rastede und Plagge. Im Mai des gleichen Jahres hat dann der Wirt und Standesbeamte M. H. Gerdes den Bestand übernommen.“
Die Kosten für den anzuschaffenden Schrank wurden je zur Hälfte von der Gemeinde und der Krankenkasse getragen. Leider gibt es keine Nachrichten, wie lange diese Notversorgung im Krug von M. H. Gerdes Bestand hatte. Heimatfreund Fritz Bentlage sen. berichtete, dass irgendwann nach dem ersten Weltkrieg bei einigen Kaufleuten Kästen aufgestellt wurden, in die man die vom Arzt verschriebenen Rezepte einstecken konnte, die dann von Boten in den jeverschen Apotheken beschafft wurden. Auch für Schüler, die Jeversche Schulen besuchten war es selbstverständlich, für Nachbarn und Bekannte Apothekengänge zu erledigen. Frau Erdmann, Tochter des Hauptlehrers Frels aus Heidmühle hat uns davon erzählt.
Die Anzahl zugelassener Apotheken war in vorigen Jahrhunderten von der Landesregierung beschränkt. 1877 gab es im Herzogtum Oldenburg 36 Apotheken das ergab im Durchschnitt 6761 Einwohner auf eine Apotheke. Nur in Hamburg war der Durchschnitt etwas günstiger. Hier waren es auf 6604 Einwohnern eine Apotheke. In Bayern kamen 8240 Einwohner und in Sachsen als Land mit den wenigsten Apotheken 11317 Einwohner auf eine Apotheke. Unter diesem Gesichtspunkt waren die Schortenser noch nicht einmal so schlecht gestellt. So war es nun einmal in der „guten alten Zeit”. Die Reichsgewerbeordnung von 1869 bzw. 1900 machte den Betrieb einer Apotheke von einer staatlichen Genehmigung abhängig. Dieser Grundsatz hatte auch, trotz der im Grundgesetz garantierten Gewerbefreiheit, weiterhin Bestand. Erst ein Urteil vom Bundesgerichthof aus dem Jahr 1956, dass auch bei den Apotheken Gewerbefreiheit herrschen müsse, beendete das jahrelange Tauziehen um ein solche Einrichtung in Schortens. Apotheker Staal kaufte 1957, Schortens hatte inzwischen ca. 9200 Einwohner, von dem Drogisten Karl Sciuk das Gebäude der ersten Post und späteren Drogerie in Schortens und ergänzte das Haus um den abgebildeten Flachbau. Die Eröffnung der ersten, lange gewünschten Apotheke erfolgte am 19. August 1957 und wird nach zwischenzeitlichen Umbau heute von Staals Tochter, Frau Jakobsen geführt. Der Gründer Georg Staal ist in diesem Jahr im Alter von 82 Jahren verstorben.