Ehemalige Olympianer zog es ins Kino.
Der Dokumentarfilm über den Büromaschinenhersteller in Roffhausen von Karl-Heinz Fürst ließ Erinnerungen wach werden.
Von Stephan Giesers
Wilhelmshaven „Olympia Werke, Wilhelmshaven Stärke!“ Auf einmal war alles wie früher – für zweieinhalb Stunden im Kinoplex.
„Einmal Olympianer. Immer Olympianer. Das wird man nicht mehr los“, erzählt Wolfgang Hilse.
31 Jahre hat er „auf Olympia“ gearbeitet, 24 Jahre lang war er Ausbilder, acht Jahre im Betriebsrat. 1990 nahm der heute 70-Jährige die Abfindung und verließ das Unternehmen, das nur noch zwei Jahre lang durchhalten sollte.
In diesem Jahr feiern die Olympianer die Gründung ihres Unternehmens, das zu Spitzenzeiten 12500 Arbeiter beschäftigte. Vor 60 Jahren eröffnete das Olympia Werk in Roffhausen mit damals 28 Mitarbeitern die Produktion. Für die Ehemaligen auch der Anlass, um des schlimmen Endes, des Verlustes von tausenden Arbeitsplätzen zu gedenken.
„Wie alles begann. Wie alles endete – Olympia Werke“. Die Nachfrage war groß, als der Arbeitskreis Senioren der IG Metall im Kinoplex den Dokumentarfilm von Karl-Heinz Fürst zeigte. „Aufstieg und Fall eines Weltunternehmens.“ Bereits 2001 produzierte Fürst, der selbst 36 Jahre Olympianer war, den zweiteiligen Film. Aussagen von Zeitzeugen, Werbefilme und Fotografien reiht Fürst aneinander.
Einige Zuschauer waren bereits weit über eine Stunde vor Beginn der Vorführung gekommen, um sich einen Kinosessel zu sichern – viele mussten wieder nach Hause geschickt werden. Für die Zuschauer war der Film eine Zeitreise: Sie erkennen bekannte Gesichter, einige sogar sich selbst. Fast alle waren Teil des Weltkonzerns Olympia, viele von ihnen Jahrzehnte lang. Jetzt schwelgten sie in Erinnerungen, ließen die guten Zeiten und das schlimme Ende des Büromaschinenherstellers Revue passieren. Da stört es niemanden, wenn die Sitznachbarn während des Films diskutieren.
Vom Wirtschaftswunder bis zum Albtraum: Vollbeschäftigung, Produktionsrekorde, Umsatz, Dividende, Neueinstellungen. Schwarzweißbilder aus rosigen Zeiten. Verluste, Kurzarbeit, Abfindungen, Massenentlassungen – und tausende Menschen, die auf der Straße um ihre Existenz kämpfen. Schneller Aufstieg und rasanter Fall liegen bei der Geschichte der Olympia Werke nah beieinander. „Sie hat es. Das Geschenk für den Mann von Welt.
Eine Reiseschreibmaschine“, preist eine Männerstimme. „Jetzt ist es vorbei mit der Klipperklapperei“, heißt es schon 1934 über die neue Mignon 8 in einem Werbefilm des Unternehmens, das damals noch in Erfurt produzierte. Ende der Achtzigerjahre geben in Roffhausen Trillerpfeifen den Ton an auf Großdemonstrationen. Ein Kampf gegen Windmühlen.
Der Konzern hatte den Markt und die Mikroelektronik unterschätzt, war zu vorsichtig beim Einführen der ersten Computer. Die Konkurrenz auf diesem Sektor war auf dem Vormarsch und läutete den Abgesang auf die klassische Bürotechnik ein.
„Der Kugelkopf hat uns das Genick gebrochen. Den hat Olympia nicht in den Griff bekommen“, erzählt Rita Rüstmann in der Filmpause. Sie absolvierte 1970 eine Ausbildung zur Bürogehilfin und arbeitete elf Jahre lang im Büro des Betriebsrates.
An die ersten Streiks und Flugblattaktionen kann sie sich noch gut erinnern. Und an jenen Tag, als die letzte Schreibmaschine Typ ES 200 vom band lief und das Herz der Region zu schlagen aufhörte. „Die Solidarität der Mitarbeiter ist aber geblieben“, sagt Karl-Heinz Fürst, der eine weitere Vorführung des Films aufgrund der großen Frage nicht ausschließen will.
Quelle: Wilhelmshavener Zeitung: Nach dem Wunder begann der Albtraum.
„Der Konzern hatte den Markt und die Mikroelektronik unterschätzt, war zu vorsichtig beim Einführen der ersten Computer. Die Konkurrenz auf diesem Sektor war auf dem Vormarsch und läutete den Abgesang auf die klassische Bürotechnik ein.“
Und:
„Der Kugelkopf hat uns das Genick gebrochen. Den hat Olympia nicht in den Griff bekommen“,
Das ist nicht korrekt!
Ich war damals in der Versuchsabteilung tätig (bis 1974). Der Kugelkopf von IBM war nicht der Niedergang, da hatten wir Alternativen in den Schubladen.
Der Untergang der klassischen Bürotechnik ist durch die Entwicklung der Kleincomputertechnik entstanden. Das wussten wir an der Werkbank sehr früh und wir hätten sehr gerne in diese Branche mitgemischt, durften das aber nicht!
Der Mutterkonzern AEG hatte eine klare Kompetenz für die Entwicklung und Produktion vorgegeben:
Olympia (WHV) = Schreib- und Rechenmaschinen, Olympia (BS) = durfte ein wenig im Bereich der elektronischen Kleingeräte experimentieren.
AEG-TELEFUNKEN = Elektrotechnik, elektronische Geräte.
Damit war das Ende der Olympiawerke besiegelt und der Export der Schreibmaschinentechnik in Niedriglohnländer wie Jugoslawien und Mexiko hat den Prozess noch beschleunigt.