Ein beliebtes Ausflugsziel – Damen frei und Herren 2,50 Mk.
Mit der Eröffnung der Bahnlinie Sande nach Jever im Jahre 1871 verlagerte sich der Ortsschwerpunkt teilweise in westliche Richtung. Am Kreuzungspunkt der Bahn mit dem Börver Weg (heute Plaggestraße) entstand ein Bahnhof, der früher große Bedeutung hatte. Landwirtschaftliche Produkte, insbesondere Milch und Sand wurden verladen. Der Sand wurde für den Hafenbau in Wilhelmshaven benötigt. Der Bahnhof brachte auf jeden Fall Impulse für diesen Ortsteil. Gegenüber dem Bahnhof enstand das Bahnhofs-Restaurant Ostiem. Viele Ausflügler stiegen sonntags in Ostiem aus und erschlossen von hier aus die Bereiche rund um den Upjeverschen Forst. Bauern aus der näheren Umgebung hatten die Möglichkeit, mit den angeboteten Kutschfahrten nebenbei ihr Einkommen aufzubessern.
Auch als der Sandumschlag eingestellt wurde, nahm die Bedeutung des Bahnhofs durch den größer werdenden Personenverkehr zu. Der große Teil der Fahrgäste betraf die Werftarbeiter, die sich im Bereich Ostiem und Schortens angesiedelt hatten.
Aus dem Kirchenbuch der Evangelischen Kirchengemeinde Schortens erfahren wir, dass der erste Gastwirt im Jahre 1875 wohl Johann Jacob Fahs, Sohn des Jacob Fahs, früher Ostiem, jetzt Glarum, gewesen ist. Aus alten Protokollen geht hervor, dass der Gemeinderat Schortens am 18. Oktober 1905 die Erteilung einer Konzession an Eilert Faß erteilt hat. Die weiteren Betreiber sind S. Klische (1911); Paul Sassalla (1919); Johann Onken (1920) und L. Witte (1920). Die vielen Wechsel der letzten Jahre deuten darauf hin, dass es wirtschaftlich bergab ging. Die Inflation war nicht mehr weit. Im Jahr 1922 wurden der Tanzsaal, die Kegelbahn und die Veranda auf Abbruch zum Verkauf angeboten. Der Kegelklub „All nägen Ostiem“ verlor seine Heimat. Am 16. Juli desselben Jahres fand der letzte Ball statt, der Eintritt für die Damen war frei, Herren bezahlten 2,50 Mark. Damit ging die Zeit des großen Bahnhofs-Restaurants Ostiem zu Ende. Die Molkereigenossenschaft Ostiem erwarb das Anwesen und verarbeitete genau vierzig Jahre lang die angelieferte Milch der hiesigen Landwirte. Seit dem Jahre 1970 dient das Gebäude nur noch den Wohnzwecken.
Dieses Bild einer Postkarte, die den Stempel des Jahres 1915 trägt, zeigt eine froh gestimmte Gemeinschaft bei einer Maifeier, obwohl bereits der Erste Weltkrieg sein Unwesen treibt. Das lässt vermuten, dass die Aufnahme schon aus einer früheren Zeit stammt. Gut zu erkennen ist die modische Einstellung der Damen mit ihren glockenförmigen Röcken und den Wagenrad großen Hüten, während die Kinder brav in die Linse gucken. Viele Männer tragen Schiffermützen, Melonen oder die modischen Panama-Sonnenhüte Bahnschranken gibt es noch nicht, die große Veranda und links die Kegelbahn sind zu sehen.
Bild: Archiv Heimatverein Schortens/Rudi Rabe
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