Einkaufen – Erinnerungen an die Jahre 1940 – 1960

Die meisten Leute kaufen heute in SB-Läden mit Selbstbedienung. Es soll ja noch Menschen geben, die Spaß daran haben, zwischen den vielen Leuten und den Regalen mit den Einkaufswagen zu hetzen und links und rechts nach den Artikeln zu haschen. Aber wenn man genauer hinsieht, stehen den meisten Menschen Stress im Gesicht geschrieben. Da hilft auch nichts, wenn leis die Musik zu hören ist. Und dann das lange Anstehen an den Kassen. Wie war es doch früher anders! In unserem Dorf unserer Gemeinde, das nun Stadt geworden ist, gab es über vier Dutzend Geschäfte.

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Und alle hatten gut zu tun. Zumindestens hatten sie das nötige Einkommen und konnten davon leben. Von den Geschäften sind nur noch wenige übrig geblieben. Gern erinnere ich mich an vergangene Zeiten. Ich komme noch heute an Geschäften oder Häusern vorbei, wo wir früher einkauften. Dabei fallen mir die ehemaligen Kaufleute ins Gedächtnis. Wo sind sie bloß geblieben, leben sie noch? Es existieren wohl nur noch fünf alte Geschäfte. In die anderen Häuser sind Versicherungen und Dienstleister eingezogen.

Wo jetzt die Friesen-Apotheke ist, hatte Karl Scuik seine Drogerie. In der Bahnhofstraße gab es die Mühle Gebrüder Zuidhoff. Dort gab es das gute Schwarzbrot von acht Pfund. Vorne im Laden roch es so schön nach frischem Brot. Hinten im Lager gab es Viehfutter und Futter für Hühner und Enten. Sämereien und Kunstdünger gab es dort auch. Maggi Freese mit seiner kräftigen Gestalt hatte für jeden ein gutes Wort. Jetzt ist dort ein Geschäft für Herde und Kamine eingezogen. Gleich daneben befand sich die Papeterie von Frau Horn. Auf der anderen Seite war Theile Mehnen. Dort wurde mit Baustoffen gehandelt. Gegenüber von der Bundesstraße hatte Mimi Sassen ihren Süßwarenladen mit ihren leckeren Dauerlutschern. Willi Sassen, ihr Ehemann, verkaufte Tabak. Das Fotohaus Bernhard Heinemann war gut frequentiert. Wir gehen zurück auf den Bahnhof zu. Hier stand ein Kiosk. Der Besitzer war „Graf von Ripkenstein“, so hat er sich nicht nur einmal bei fremden Leuten vorgestellt.

Gleich am Eingang der Oldenburger Straße gab es den Konsumladen, der aus der Menkestraße nach hier umgezogen war. Viele Leute erledigten hier ihren Einkauf. Waren es die Rabattmarken als Anreiz zum Kaufen, die es hier gab? Aus dieser Zeit ist ein Spruch überliefert, wenn jemand verstorben war: „He köfft ok nich  mehr bi`d Konsum.“ Und dann erst die Drogerie Schütt. Hier konnte man alles kriegen, Zahnbürsten, Seife, Rattengift, Rasierklingen, Knoblauchpillen, Filme und vieles mehr. Heute befindet sich hier eine Textilreinigung. Wo jetzt ein Rechtsanwalt seine Klienten berät, war früher das Milchgeschäft Eiben. Frau Eiben schmiss den Laden und ihr Mann Heinz zog mit seinem Milchwagen über Land und kassierte die Groschen ein. Schuhe, Schulsachen, Spielzeug und Schreibpapier gab es bei Thade Janssen. Heute ist dort die Servicestelle des Jeverschen Wochenblatts. Gegenüber war die Bäckerei Franzen, später das Uhrengeschäft Mönnich.

Ein ganz altes Geschäft besteht heute noch, E. W. Hayen, Porzellan, Töpfe, Pfannen, Werkzeuge und vieles mehr gibt es dort zu kaufen. Mit Leni und Erwin Willms konnte man schön „snacken“, und sie wussten immer Bescheid. Genau gegenüber befand sich das Kolonialwarengeschäft von Emma Hasenkamp. Hier konnte man auch alles bekommen. Essen und Trinken, Waschmittel, Spirituosen, beinahe so wie bei Karstadt.

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Ihr Sohn Rudolf handelte mit Kohlen. Dann wieder auf der anderen Seite stand die Shell-Tankstelle von Detjen. Hier gab es Öl, Schmierfett und Flickzeug für Fahrräder. Detjen machte auch Reparaturen für Fahrräder. Auf der Nachbarschaft befand sich das Geschäft von Johann Gembler. Auch hier gab es „Kolonialwaren.“ Später ist Gembler ein paar Häuser weiter gezogen. Hier stellte er seinen Handel um. Jetzt gab es im Besonderen Feuerung, Düngemittel, Steckrüben, Kohlarten und Getränke mit Prozenten.

Eines der ältesten Geschäfte war die Schlachterei Hermann Franzen an der Ecke zum Postweg. Sein Sohn Erich führte die Schlachterei fort, er ist dann später an die Menkestraße gezogen. In der Oldenburger Straße gab es das Geschäft Peters, Kurzwaren Peters – Inhaber Herbert Jakobs. Knöpfe, Stricknadeln, Nähgarne, Strümpfe, Unterkleidung für Frauen und Männer waren im Angebot. Und dann gab es dort das Schuhgeschäft von Alice Gerdes. Wir gehen ein paar Schritte zurück und betreten den ehemaligen Schulweg, jetzt die Heinrich-Tönjes-Straße.

Hier hat sich vieles verändert. Standen hier früher Baracken, so sind dort heute Neubauten zu finden. Ganz vorne an hatte Fritz Hetz seine Gärtnerei und seinen Blumenladen. Auf der anderen Seite lag das Fischgeschäft Ludwig Janssen. „Ludscher“ wurde er genannt. Zum Auffrischen seines Vermögens kutschierte er die Leute mit seinem schwarzen Mercedes-Taxi. Heute gibt es dort eine Heilpraktikerpraxis. Daneben war die Heizmangel Henke. Und dann gab es dort noch zwei Malergeschäfte von Otto Bluschke und Otto Hinrichs (Maler Ott). In der Nähe der Bundesstraße hatte Waldemar Nommensen in einer Baracke seinen Elektroladen eingerichtet. Und gleich dahinter lag die Gewehrfabrik Austmeier. Der Klempner Ernst Rüter führte seinen Betrieb. Auf der anderen Seite der Bundesstraße gab es das Fahrradgeschäft Lipinski. Lipinski verkaufte sicher nicht viele Fahrräder, aber bei Reparaturen war er Spitze.

Wir gehen jetzt in die Menkestraße. Dort gab es zunächst Kiko Koch. Albert Koch war eine lebendige Litfasssäule für Zigaretten. Er war immerzu am Rauchen und verkaufte nebenher Krimskrams, Obst, Tabak und Lottoscheine. Dem Vernehmen nach soll er Billardmeister von Heidmühle gewesen sein. Dort wo der Mühlenweg abzweigt und jetzt das Hotel „Mühleneck“ steht, hatte Ernst Niemann sein Lebensmittelgeschäft. Ernst Niemann mit seinem roten Gesicht war immer freundlich. Und genau gegenüber lag das Geschäft L. H. Hinrichs. Hier wurde mit Kunstdünger, Kohlen und Torf gehandelt. Vorne im Extrahaus gab es ebenfalls Lebensmittel. Als L. H. Hinrichs finanziell hinten nicht mehr hoch kam, übernahm Theo Rogoss den Laden und verkaufte Textilien und andere Sachen. In das Landhandelsgeschäft zog Helmut Pantke ein. Später zog Pantke auf die andere Seite und hat dort eine Kornmühle aufgezogen. Der Gebäudekomplex L. H. Hinrichs besteht nicht mehr. Dort befindet sich heute das Hillers-Eck.

Fünfzig Meter weiter das Geschäft von Hans Popken. Kohlen, Düngemittel, Futter für Vieh, Hühner und Tauben war das Hauptgeschäft. Das Geschäft gibt es heute noch, nur das Angebot hat sich verändert.

Ein paar Schritte weiter im Neumannsweg existierte das Lebensmittelgeschäft von Hinrich Hinrichs. „Hinni Hund“ wurde er genannt . Diesen Namen verdiente er sich dadurch, weil er vor seinen Auslieferungswagen oder –schlitten einen Hund einspannte, wenn er auf Kundschaft war.

Später zog er in die Jeversche Straße. Nicht weit weg hatte Grete Sievers ihren Laden. Auch hier gab es Lebensmittel, aber auch Textilien. Kleider konnte man auf Warenkredit bekommen und im Monat mit fünf Mark abzahlen. Bei dem Schneider Gents gab es Anzüge und Hosen und wo jetzt das Elektrogeschäft Reelfs ist, war der Laden vom Schuster Ludwig Niemann. Bruno Reelfs kam 1959 mit dem Elektrogeschäft hinzu. Gegenüber hatte Janssen seinen Milchladen. Gerhard Eiben unterhielt zeitweise drei Geschäfte. Bei Frieda Fischer in der Plaggestraße gab es in ihrem kleinen Laden Textilien. Was Frieda nicht auf Lager hatte, wurde kurzerhand per Katalog bestellt oder ihr Ehemann Max fuhr mit der Kundschaft direkt in die Fabrik. Ein paar Häuser weiter verkaufte Karl Peick Textilien und Gardinen. Auf der anderen Seite führe Willi Offen seinen kleinen Lebensmittelladen. Weiter zur Kirche hin gab es den großen Lebensmitteladen von H.B.Gerdes, der dann später von Egon Caspers übernommen wurde. In Schortens in der Kirchstraße gab es wirklich Klein-Karstadt: L. H. Hinrichs. Hier wurden Porzellan, Küchengeschirr, Öfen, Herde, Fahrräder, Radios, Nägel und Schrauben verkauft. Und auch noch Lebensmittel in allen Sorten.

Gegenüber konnte man Kleidung und Bettzeug bei Heinrich Warmbold kaufen. In der Zeit zog dort Fritz Huck als Pächter ein. Als Huck in das ehemalige Möbelhaus Harms in die Menkestraße zog, übernahm Karl Peick das Geschäft. Seinen Laden an der Plaggestraße gab er auf. In der Nachbarschaft war die Dampfbäckerei Bernhard Ulfers. Der Brot- und Kuchengeruch zog jeden Morgen durch`s Dorf. Auch hier wurde den Einwohnern die Gelegenheit geboten, sich mit Lebensmitteln einzudecken. Auf der anderen Seite der Straße hatte Paul Eichner den Laden für Fahrräder mit Reparaturservice. An der Schooster Straße befand sich die Schlachterei Adi Schröder und Anni Schütt mit ihrem Farbenladen.

In Heidmühle und Schortens gab es noch mehr Läden, wo man Lebensmittel einkaufen konnte. Es waren dies Moulin/Hertha Peekes in der Bebelstraße, Marga Janssen in Ostiem, Wilhelm

Harms in der Jeverschen Straße, Lehmann in Ostiem an der Bundesstraße, Gertrud Garrelfs in der Addernhausener Straße, Hinrich Janssen (Backer Backer) in der Jeverschen Straße, Reinhard Schoormann (Renni) im Steensweg und Benthien am Mühlenweg. Bäcker Heintel hatte auch noch Eßbares zu verkaufen. Und noch ein Lebensmittelgeschäft am Mühlenweg gab es, das von Kalli Husmann.

Über zwanzig Läden mit Lebensmitteln gab es vor 50 – 60 Jahren. Für die Hausfrauen war es bequem, sie brauchten nicht weit zu laufen oder fahren und hatten auch noch Zeit für einen kleinen Klönsnack. Zwischen den Geschäftsinhabern gab es keinen Preiswettbewerb. Die Preise waren meist gleich. Aber die Kaufleute wussten sich zu helfen. Mit Freundlichkeit, Anschreiben lassen und Hauslieferungen banden sie für sich ihre Kundschaft. Bezahlt wurde mit Mark, Groschen und Pfennigen oder mit Bankschecks. Euroschecks und Kreditkarten gab es noch nicht. Die Waren gab es meist in losen Kisten, Zucker und Salz kamen in Papiertüten. Für Milch brachte man eine leere Flasche mit. Die großen Probleme mit dem Abfall so wie heute gab es früher nicht. Was man im Hause nicht mehr gebrauchen konnte, kam einfach in den Ofen.

Die Männer brauchten früher nicht lange zu überlegen, was sie ihrer Frau zum Geburtstag schenken konnten: Eine neue Stofftasche oder ein Netz zum Einkaufen.

Rudi Rabe

(Das Copyright der Bilder liegt bei Rudi Rabe, weitere Verwendung nur mit schriftlicher Genehmigung)

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4 Gedanken zu „Einkaufen – Erinnerungen an die Jahre 1940 – 1960“

  1. Hallo Rudi Rabe,

    ein schöner Aufsatz, und sicher wichtig für viele weitere Recherchen zu der Vergangenheit von Heidmühle und Schortens.
    Da alle jüngeren Mitbewohner die beschriebenen Häuser nicht finden würden, möchte ich anregen, die Straßen und Hausnummern hinzuzuschreiben.
    Ich bin bereit dabei zu helfen.

    Schöne Grüße

    Peter Homfeldt

  2. Hallo Rudi Rabe,
    die Erinnerungen an Heidmühle wurden von Ihnen ganz toll gemacht, wäre schön man würde sowas in dieser Form öfters lesen können.
    Ich suche aus Heidmühle einen ehemaligen Kameraden, der mit mir 1966 bei der Luftwaffe Jabo 32
    Lager-Lechfeld seinen Wehrdienst machte.
    Der Name des Kameraden ist Walter Bluschke, meines Wissens hatten seine Eltern ein Malergeschäft in Heidmühle.
    Meine Recherchen Walter Bluschke ausfindig zu machen, waren leider bisher ergebnislos.
    Durch Zufall habe ich Ihre Erinnerungen an Heidmühle gefunden und den Namen Bluschke darin gelesen.
    Würde mich sehr freuen wenn Sie mir in meiner Suche nach Herrn Walter Bluschke weiter helfen könnten.
    Viele Dank in Voraus

    Mit freundlichen Grüßen
    Norbert Alter
    Email: noalwo@t-online.de

  3. Ich bin zwar bis 1960 in WHV gewesen, habe aber mit der Drogerie Schütt eine besondere Verbindung. Hoffentlich verletze ich keine Geschäftsgeheimnisse, wenn ich schreibe, dass die Fotoarbeiten der Drogerie in meiner Ausbildungsdrogerie Cremer in WHV getätigt wurden. Jeden Morgen musste ich um 8 Uhr am Bahnhof sein. Pekol kam aus Heidmühle und brachte ein Päckchen mit dem Fotomaterial. Um 13 Uhr musste alles fertig sein, damit ich das Päckchen wieder dem Busfahrer auf die Reise nach Heidmühle mitgeben konnte.
    Ja, leider sind diese Drogerien alten Stils „ausgestorben“!

  4. Hallo, Herr Rabe,

    es wäre schön, wenn aus diesen Erinnerungen ein Buch/Heft entstehen würde. Ich denke, dass es
    zu jedem Geschäft einige Erlebnisse oder Anekdoten gibt, mit der man die damalige Zeit wieder
    für einen Moment aufleben lässt. Sicherlich gibt es auch noch diverse Bilder zu diesem
    Thema. Es ist natürlich mit viel Arbeit verbunden und ich habe Verständnis dafür, wenn
    es nur ein „Traum“ bleibt.

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