Anita Bibby geb. Martens – 1942: Meine Schulzeit ist zu Ende

 Ich hatte mir vorgenommen, eine Lehre in der Verwaltung zu machen. Also setzte ich mich auf mein Fahrrad und fuhr nach Jever zum Arbeitsamt. Eine unfreundliche Angestellte informierte mich, dass das nicht so einfach sei, weil ich vor einer Lehre erstmal ein Pflichtjahr machen müsse. Davon hatte ich gar keine Ahnung. Sie stellte mich vor die Wahl, entweder in der Landwirtschaft oder in einem Haushalt mit bis zu 6 Kindern zu arbeiten. Da ich immer schon Tiere sehr liebte, habe ich mich für die Landwirtschaft entschieden und mir wurde in Schortens der Bauernhof von Helmerich Folkers zugewiesen. Ich machte mich sofort auf den Weg dorthin und Frau Folkers konnte es gar nicht fassen, so schnell eine Hilfe zu bekommen. Sie erzählte mir, dass kein Mädchen vorher länger als eine Woche geblieben war. Mir hat es von Anfang an viel Freude gemacht und ich bin gerne ein Jahr geblieben. Die Familie hatte zwei Töchter:

Links Helene, rechts Mathilde

Mathilde war ein ganz liebes Kind, sehr ernst und schlau, die jüngere Helene war sehr lebendig und hatte lange blonde Locken. Neben deutschen Arbeitern waren auch Ausländer auf dem Hof. Ich erinnere mich gut an ein älteres russisches Ehepaar, das mit ihrer Enkelin Sina auf dem Hof lebte. Die Eltern von Sina waren in dieser schrecklichen Kriegszeit getötet worden. Sina wurde vom Ehepaar Folkers wie eine eigene Tochter behandelt. In guter Erinnerung ist, dass ich auf einem Pferd sitzen durfte, wenn abends die Pferde nach getaner Arbeit auf die Weide gebracht wurden:

Die Pflichtjahrmädchen mussten einmal die Woche zur Berufsschule nach Jever und sich auf dem Bauernhof von Engelbarts einem Wettbewerb stellen. Die Aufgaben waren: Milchkannen schruppen, Männerstrümpfe stopfen und eine Suppe kochen. Aufgrund meiner guten Ausbildung bei Folkers habe ich den Wettbewerb gewonnen und Frau Folkers ist gerne mit mir zur Ehrung mit dem Rad nach Altmarienhausen geradelt.