Garten-Eden

Die Geschichte der Gaststätte „Zum grünen Wald“ in Oestringfelde

Vor dem Jahre 1870 gehörte dem Landhäusling Harm Anton Eiben eine kleine Landstelle zur Größe von 6,5 Hektar, gelegen in Oestringfelde an dem Wege nach Upjever. In der Hauptsache wurde Ackerbau betrieben. Auf dem Areal befand sich ein kleines Wäldchen mit Nadel- und Laubgehölz. Zum landwirtschaftlichen Anwesen mit Wohnhaus und Stall gehörte das kleine Gasthaus „Grüner Wald“ mit einem großen Garten, ebenfalls am Weg nach Upjever gelegen. Im Jahre 1870 wurde der Sohn Ernst Frerichs Eiben neuer Eigentümer. Durch Tod erhielt 1897 dessen Tochter und spätere Ehefrau des Johann Gerhard Eden, Gesche Margarethe geb. Eiben, den Besitz.

Gruener Wald-30erJahre

Dem jung vermählten Ehepaar wird es neben der Landwirtschaft wohl zuviel gewesen sein, auch noch die Gastwirtschaft zu führen. Sie verkauften die Gaststätte mit Garten nach Abschreibung aus der Gesamtfläche 1906 an den Landwirt Melchert (Melchior) Eden in Jever. Er war wohl nur ein Namensvetter. Melchert Eden beabsichtigte mit diesem Kauf, seiner Tochter Hempe Margarethe eine Existenzgrundlage zu geben und die Gaststätte an sie zu verpachten. Hempe Margarethe und ihr Ehemann Albert Cornelius Eden aus Zetel – wiederum ein Namensvetter- waren ein Jahr vorher am 5. Mai 1905 in der St.-Stephanus-Kirche in Schortens getraut worden. Albert Cornelius Eden hatte den Beruf des Gastwirts erlernt, und so lag es nahe, dass sie diesem Angebot zustimmten. Beide 1878 geboren schafften es, die Gaststätte aus kleinen Anfängen heraus zu einem großen Anziehungspunkt werden zu lassen.

1906 wurde die Tochter Gesine Johanne geboren. Ein weiterer Kindersegen stellte sich nicht ein. So gerne hätten sie noch einen Stammhalter gehabt, aber es sollte nicht sein. Sie entschlossen sich, einen Pflegesohn aufzunehmen. Sie fanden ihn im Waisenhaus in Varel. Der kleine, quirlige Junge mit spanischem Aussehen wurde auserkoren. Es war der dreijährige Karl Friedrich Witten, der im späteren Verlauf eine wichtige Rolle übernehmen sollte. Karl kam mit nach Oestringfelde und wurde wie ein eigenes Kind aufgenommen. Er ging bis zum Abschluss in die nahe gelegene Schule Oestringfelde. In der zweiklassigen Volksschule erhielt er vom Lehrer Brakenhoff  das Rüstzeug für das spätere Leben. Interessant in diesem Zusammenhang: Nur alle vier Jahre gab es Zeugnisse. Danach erlernte er den Beruf des Gaststätten- und Hotelkaufmanns und war u.a. im Ratskeller in Wilhelmshaven und in der Schweiz tätig. Vor dem Krieg erwarb Karl Witten, der inzwischen mit Martha Johanne geb. Oltmanns verheiratet war, den „Roland“ in Wilhelmshaven, ein Speiselokal mit Fremdenzimmern und Kegelbahn. Durch Bombeneinwirkung verlor er seine Existenz.

Der nahe gelegene Upjeversche Wald lud zu allen Jahreszeiten zu einem Besuch ein. Reiter- und  Fahrradgruppen, Fuhrwerke und Spaziergänger kehrten gerne ein. Die friedliche Idylle wurde unterbrochen, als Albert Cornelius Eden in den Ersten Weltkrieg ziehen musste. Für die Zeit seiner Abwesenheit wurde der „Grüne Wald“ an den Wirt Eduard Harms verpachtet. Das abgebildete Foto lässt nicht erkennen, dass große Not herrschte. Es hat hier den Anschein, dass das Leben in geordneten Bahnen weiter ging. Glücklich über die Rückkehr des Albert Eden schenkte Melchert Eden durch Vertrag vom 8. Mai 1919 seiner Tochter Hempe Margarethe (genannt Meti) das Anwesen. Während Meti für die Küche zuständig war, betreute Albert seine Gäste. Skatspielen war Alberts große Leidenschaft. Es ist nicht überliefert, dass er jemals ein übernommenes Spiel verloren hat.

Gruener Wald 1917-1918

Friedliche Idylle in den Kriegsjahren 1917/1918

In der schweren Zeit nach der überstandenen Inflation erfolgte der erste große Umbau der Gaststätte. 1926 erhielt das Dach einen Giebelausbau, der Grundriss wurde erweitert und das Gemäuer bekam einen hellen Kalkputz. 1928 wurde die neu erbaute Kegelbahn eingeweiht. Der schöne Kaffeegarten erhielt den Namen „Garten Eden.“ Die ruhige Idylle wurde oft durch Gewehrschüsse unterbrochen. Albert Eden hatte dem Kyffhäuser-Bund erlaubt, eine Freiluftschießanlage (50m Kleinkaliber) zu unterhalten. Viele andere Vereine hatten hier ihr Domizil. Der Heimatverein Schortens von 1929 e.V. feierte nach Errichtung des Wolfsgalgens sein erstes Güstkinnelbeer. Es ist zum eigentlichen Stiftungsfest des Heimatvereins geworden. Mit Beginn des Flugplatzbaus in Upjever (1936) traf bei Albert Eden eine Verfügung ein. Im Garten wurde kurzerhand eine große Blockhütte für die staatliche Bauleitung errichtet. Während des Krieges diente sie, wie auch die Kegelbahn, Soldaten als Unterkunft. Nach dem Kriege nutzte die Blockhütte Vertriebenen als Notunterkunft. Mitte der Fünfziger Jahre wurde sie abgebrochen.

Gruener Wald-30erJahre

Im „Garten-Eden“ wurde scharf geschossen – 1930er Jahre

1951 erhielten die Eheleute Karl Friedrich  und Martha Johanne Witten von Albert Eden das Angebot, den „Grünen Wald“ mit einem Vorkaufsrecht versehen zu pachten. Sie bewirtschafteten das Speiserestaurant „Schütting“ in Varel. Sie sagten zu, und damit kehrte Karl Friedrich Witten an die Stätte seiner Kindheit zurück. Frau Witten kümmerte sich immer mehr um die zusehends kränkliche Meti Eden und führte Regie in der Küche. 1955 wurde Albert Eden Eigentümer, nachdem seine liebe Meti verstorben war. Albert Eden verstarb am 17. Dezember 1957, die Eheleute Witten wurden jetzt die neuen Besitzer. 1966 verkauften die Eheleute Witten die Gastwirtschaft an Frau Antje Franziska –genannt Anni- Wessels aus Aurich. Nach mehrfachen Verpachtungen und Leerständen übernahm 1971 der Bauunternehmer Wilhelm Tietken, Wilhelmshaven, die Gaststätte um sie ein Jahr später an Gerd Husmann weiter zu verkaufen.

1990 erfolgten große Umbaumaßnahmen, der Saal wurde erweitert. 2001 erhielt das Haus neue sanitäre Anlagen. Seitdem stellen Gerd Husmann und Marga Spranger die Räumlichkeiten für Familienfeiern gerne zur Verfügung.

Rudi Rabe

(Das Copyright der Bilder liegt bei Rudi Rabe, weitere Verwendung nur mit schriftlicher Genehmigung)

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