Büromaschinen-Nachfrage steigt weiter

Quelle: Die Zeit Archiv

Die Olympia Werke AG, die sich 1946 nach ihrer Vertreibung aus Erfurt in Wilhelmshaven ansiedelte, konnte auch im vergangenen Jahr ihre steile Aufwärtsentwicklung fortsetzen.

Sie hatte damals mit einer bescheidenen Fabrikationsfläche von 18 000 qm und 28 Arbeitskräften den neuen Start gewagt. Heute verfügt sie über ein Gelände von 240 000 qm in Wilhelmshaven und 80 000 qm in Leer.
Mit 11 100 Arbeitskräften ist sie jetzt die größte Büromaschinenfabrik Deutschlands, und die Belegschaft entspricht bereits einem Drittel der gesamten arbeitenden Bevölkerung Wilhelmshavens.

Die günstige Aufwärtsentwicklung des Unternehmens ist zweifellos auf die klare Spezialisierung auf die Büromaschinen Produktion, das frühe Einsetzen einer intensiven Rationalisierung und die planvolle Nachwuchsförderung zurückzuführen.
Diese Vorteile haben im Vorjahr einen weiteren Aufstieg ermöglicht und gegenüber 1955 eine Umsatzsteigerung um 32 v. H auf insgesamt 122 Mill. DM ergeben.
Besondere Anerkennung verdient, daß das Werk im vergangenen Jahr ohne nennenswerte Preiskorrekturen ausgekommen ist, obwohl sich die steigende Tendenz der Preise bei verschiedenen Materialien fortsetzte und auch die Löhne und Gehälter um 8 bis 10 v. H angezogen haben (seit 1948 beläuft sich der Lohnanstieg damit auf immerhin 98 v. H ).

Als weitere Belastung muß aber auch der zunehmende Wettbewerb gewertet werden, der sich, wie Generaldirektor Joachim Wussow auf der traditionellen Pressekonferenz in Bremen gelegentlich der Vorlage des vorjährigen Geschäftsberichtes offen zugab, beim Vertrieb der Erzeugnisse des Unternehmens vor allem im Inland schon spürbar bemerkbar machte.

Im Vorjahr belief sich die Olympia Produktion (umgerechnet in Kleinschreibmaschinen nach dem Verhältnis der Selbstkosten) auf 535 000 Einheiten; noch 1955 waren es nur 395 000 gewesen. Und die gegenwärtige Tagesproduktion beträgt 2300 Einheiten gegenüber 2150 im Juni 1955. 50 v. H. des Gesamtumsatzes waren Exporterlöse; sie unterstreichen die Absicht des Werkes, im Ausland immer stärker festen Fuß zu fassen. Es verfügt neben Generalvertretungen in 137 Ländern bereits über Tochtergesellschaften in England, Italien, Belgien,  Kolumbien und in Kanada.

Schreibmaschinen sind nach wie vor der bedeutsamste Geschäftszweig, sie stellen 75 v. H des Gesamtumsatzes, während der Rest von Addier- und Rechenmaschinen bestritten wird. Hier dürfte sich aber schon bald eine gewisse Verschiebung ergeben, weil die Olympia Werke AG durch das Zusammengehen mit der Braunschweiger Brunsviga Maschinenwerke AG eine Ausweitung des Interessengebietes vorgenommen hat. Von dem BrunsvigaAK in Höhe von 6 Mill. DM wurde annähernd die Hälfte von der Olympia Werke AG erworben, die sich damit eine dritte Produktionssäule geschaffen hat, denn schließlich produziert die Brunsviga AG seit nunmehr 65 Jahren Rechenmaschinen, die überall auf dem Weltmarkt einen guten Ruf besitzen. Die Olympia Investitionen bezüglich der Brunsviga AG waren durch ein Darlehen in Höhe von 5 Mill. DM ermöglicht worden, das die AEG als Eigentümerin des gesamten Aktienkapitals der Olympia Werke AG ihrer Tochter gewährt hatte. Die Darlehensablösung ist für 1957 im Rahmen einer beschlossenen Kapitalerhöhung von 25 auf 35 Mill. DM vorgesehen.

Als Reingewinn werden nach erheblich höheren Abschreibungen (in verstärkter Auswirkung der degressiven Abschreibungsmethode) 2 25 Mill. DM gegenüber 1 62 Mill. DM im Jahre 1955 ausgewiesen. Hiervon soll die am 3. Oktober stattfindende HV eine von 8 auf 9 v. H erhöhte Dividende beschließen. Das gesamte Anlagevermögen des Unternehmens ist von 46 3 Mill. DM am 31. Dezember 1955 auf 55 7 Mill. DM am 31. Dezember 1956 gestiegen. Das ist eine Folge der Anschaffung von Maschinen, Werkzeugen sowie Betriebs- und Geschäftsausstattungen, die der Vergrößerung und Verbeserung der technischen Ausrüstung dienen. Denn: in Wilhelmshaven sind weitere Hallenbauten angelaufen, und im Herbst wird das Unternehmen in Leer ein Zweigwerk mit 1500 Arbeitskräften in Betrieb nehmen. Alle diese Investitionen — von 1948 bis 1956 belaufen sie sich bereits auf 102 Mill. DM — werden aus der Oberzeugung vorgenommen, daß der Absatz an Schreib , Addier- und Rechenmaschinen im In- und Ausland im Zuge der weiteren Büro Rationalisierung und des erhöhten Privatbedarfs noch lange auf der ansteigenden Linie bleiben wird.

Schon heute steht die Bundesrepublik in der Weltproduktion an Schreibmaschinen mit 19 v. H. an zweiter Stelle hinter den USA. Es besteht kein Zweifel, daß ihr Anteil sich weiter erhöhen wird. Dafür will die Olympia Werke AG gerüstet sein. Joachim Wussow ließ keinen Zweifel darüber, daß er für die nächsten Jahre ebenfalls eine erhebliche Ausweitung des Umsatzes seines Unternehmens erwartet, weil, wie er optimistisch unterstrich, die Olympia Werke erst am Anfang des Ausbaues ihrer Marktposition in der Welt stehen. Ein gewisser Pessimismus klang bei ihm aber durch, als er auf den Gemeinsamen Markt zu sprechen kam Er hat schlechte Erfahrungen mit Frankreich und Italien gemacht, die die Schreibmaschineneinfuhr durch höhe Schutzzölle abwehren. Für den westdeutschen Markt hegt Wussow keine Bedenken, er bezweifelt allerdings, daß sich Frankreich und Italien überhaupt von den üblen Schreibmaschinen Schutzzöllen trennen können . Willy Wenzke

Quelle: Die Zeit Archiv

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