Alter Grenzpfahl in Wildkamp im Forst Upjever

Unser Heimatvereinsmitglied Ronald Becker hat auf seinen
Erkundungsfahrten in Wildkamp im Forst Upjever einen etwas in
Vergessenheit geratenen alten Grenzpfahl entdeckt. Ich habe ihn mit
Peter Homfeldt, dem der Standort bekannt war, besucht und dabei
haben wir durch den in der Nähe wohnenden Landwirt Frank
Cornelssen einen vom 15. Januar 1936 datierten Bericht des
„Wilhelmshavener Kurier“ erhalten, den ich nachfolgend wegen der
besseren Lesbarkeit wörtlich abgeschrieben habe:

Grenzpfahl unter Denkmalsschutz
Bekanntlich sind auf Erlaß einer Anordnung des Reichsinnenministers
Dr. Frick alle Grenzpfähle der deutschen Lande gefallen und zum Teil in
feierlicher Form beseitigt worden. Daß man nunmehr aber, ebenfalls in
feierlicher Weise, einen Grenzpfahl wieder aufstellt, dürfte nicht alle
Tage vorkommen. In der Gemeinde Oestringen geschah diese Tat am
letzten Sonntag und das kam so:
Bürgermeister Koch hatte die Anordnung des Innenministers seinen
Bezirksvertretern bekanntgegeben und diese beauftragt, die in ihrem
Bezirk liegenden Grenzpfähle zu beseitigen. Im sogenannten
„Wildkamp“ aber, in der Nähe der Bauerei des Pg. Buß, steht ein Grenzpfahl, der die Grenze zwischen Oldenburg und Ostfriesland bezeichnete, und auch dieser Pfahl wurde still und heimlich seines Amtes enthoben und zunächst auf den Hof des Bauern Buß geschafft.
Leider war in Vergessenheit geraten, daß man für diesen Grenzpfahl schon vor geraumer Zeit Denkmalschutz beantragt hatte, und da ist es zu verstehen, wenn man nun, wo die Tat verwirklicht werden soll, vergeblich den Pfahl sucht, der in vielen Jahren eindrucksvoll in seiner Wuchtigkeit und Größe hier die Wacht gehalten hatte.
Eine Anfrage beim Bürgermeister Koch klärt rasch alles auf, und um keine Zeit mehr zu verlieren, treffen sich an der Stelle, wo einstmals der riesige Eichenstamm seine Wacht hielt, die Bürgermeister Koch-Schortens, Eckhoff-Dose, Ortsgruppenleiter Koch-Dose sowie verschiedene Gemeinderäte und Volksgenossen aus den beiden Orten Schortens und Dose.
Bauer Buß schafft schnell mit seinen Pferden den Stamm wieder herbei, und mit vereinten Kräften steht der Grenzwächter bald wieder in
majestätischer Größe an seinem alten Platz, dem im Volksmund bekannten „Schmuggelweg“, auf dem vor vielen Jahren Schmuggler ihre Waren bei Nacht und Nebel über die Grenze schafften.
Bürgermeister Eckhoff ergreift das Wort und erklärt in einer plattdeutschen Ansprache den Sinn dieser Tat, der die Nachkommen an die Zeit erinnern soll, wo man noch einen Unterschied machte zwischen ostfriesischen Deutschen und Oldenburger Deutschen. Nicht als das was er früher war soll der Pfahl hier stehen, sondern der Unsinn einer früheren Zeit soll nun dergestalt einen tiefen und bedeutungsvollen Sinn erhalten, daß nunmehr jeden ersten Pfingsttag
morgens um 7 Uhr sich an dieser historischen Stätte die Bürgermeister der hier aneinander stoßenden Gemeinden Oestringen und Dose mit ihren Gemeinderäten treffen werden, um freundschaftlich-nachbarliche
Beziehungen zu pflegen und zu erhalten.
Auch Bürgermeister Koch spricht dann noch in kurzen Worten zu den
Versammelten, unter denen sich auch viele alte Einwohner aus Dose befanden, und dann ging es gemeinsam nach Dose zum „Spiekerkrog“, wo man in kameradschaftlicher Runde noch einige Stunden zusammenblieb.
Am winterlichen Waldweg aber reckt der Grenzpfahl sich zu wuchtiger Größe, fast schaurig wirkt er auf uns im Dämmerschein des Winterabends. Wo einstmals schwer bepackt Schmuggler ihres Weges zogen, zu seinen Füßen auch wohl einmal gerastet haben mögen, treffen sich nun die Volksgenossen und reichen sich über alle Grenzen hinweg die Hände zu gemeinschaftlicher nutzbringender Arbeit.

Grenzpfahl 2021

1983 wurde der Pfahl  von Mitarbeitern des Forstamtes Upjever und dem Landwirt Adolf Cornelssen restauriert. Im oberen Teil des Pfahls sind auf der nach Süden zeigenden Seite die Buchstaben „KP“ für „Königreich Preußen“ und auf der gegenüberliegenden Seite die Buchstaben „HO“ für „Herzogtum Oldenburg“ eingearbeitet.

Der Grenzpfahl ist z. Zt. in einem befriedigenden Zustand.

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