Regina Rüdebusch referierte über Frauenarbeit ‚auf Olympia‘

Olympia 050”Schön, dass wir sie im Verein haben”, lobte der stellvertretende Vorsitzende des Heimatvereins, Peter Homfeldt, Regina Rüdebusch, die sich nicht nur um die Aufarbeitung der Geschichte der Olympia-Werke und die Olympia-Ausstellung verdient machte, sondern ihr Dissertationsthema ‘Berufstätige Frauen in der Industrie zur Wirtschaftswunderzeit am Beispiel der Olympia-Werke’ den Vereinsmitgliedern und Gästen zum Saisonabschluss im Bürgerhaus vorstellte. Quellen waren nach eigener Aussage die Unternehmenschronik zum 20. Jubiläum des Standortes Roffhausen, Daten und Werbeartikel im Deutschen Technikmuseum Berlin, Jahresbereichte, die Unternehmenszeitschrift ‘Olympia Ring’, die Rüdebusch mit damaligen Frauenzeitschriften abglich, und Interviews mit Zeitzeuginnen. Zur Bezahlung lägen nur Lohn- und Gehaltskosten von 1951 vor.

Bis Mitte der 60er Jahre arbeiteten mehr Frauen ‘auf Olympia’, im Jahre 1958 waren es über 7000 im Vergleich zu rund 6000 Männern. Während der hohen Konsumgüternachfrage der Aufstiegsjahre in der ersten Hälfte der 50er ließen sich viele Frauen, die auf Empfehlung von Freundinnen hier anfingen und, so erkannte Rüdebusch, sich selten bewusst zur Lehre entschlossen, am Band anlernen. Die Zahl der Anlernlinge, die zwei Jahre lernten, übertraf die der Lehrlinge.

Frauen hätten sich in dieser Zeit überhaupt öfter arbeitsuchend gemeldet als zuvor. Anfang der 60er habe Vollbeschäftigung bestanden, man arbeitete an fünf Tagen 40 Wochenstunden. Der Arbeitsmarkt im Nordwesten war komplett ausgeschöpft, so dass auch viele Frauen, die die Erlaubnis des Ehemannes brauchten, arbeiteten. Olympia hatte damals mehr als 10 000 Mitarbeiter, das Zweigwerk Leer entstand, und 1958 wurden die Brunsviga-Werke Braunschweig übernommen.

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Die gewerbliche Ausbildung sei allerdings stets männlich dominiert worden. So habe es nur zwischen 1955 und 1957 eine Ausbildung zur Feinmechanikerin gegeben, allerdings 1953 doppelt so viele technische Zeichnerinnen wie Zeichner. In den 60ern habe es auch Ausbilderinnen, Einrichterinnen und Vorarbeiterinnen gegeben. Im technischen Bereich habe es nur eine Abteilungsleiterin gegeben, an die sich viele Anwesende erinnerten, ähnlich habe es im kaufmännischen Bereich ausgesehen.

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Frauenberufstätigkeit sei Anfang der 50er durch den Arbeitskräftebedarf oder zum Lebensunterhalt für Flüchtlingsfrauen legitimiert worden, was ein deutschlandweites Phänomen gewesen sei. Die Industrie habe eine bemerkenswerte Sicht auf Berufsrückkehrerinnen gehabt, erklärte die Referentin. Massive Vorurteile habe ein Meister aus der Galvanik in einem Leserbrief im ‘Olympia Ring’ gegenüber Frauen geäußert, die Angst vor Dreck hätten. Dem widersprach eine Zuhörerin, die in der Schleiferei arbeitete, wo es nur zehn Minuten Duschzeit gegeben habe. Außerdem, so einige der Gäste, hätten Frauen besser schrauben oder Federn einhängen können.

Hochzeiten seien in der Firmenpostille mit Abteilungskürzeln angekündigt worden. Die Beschreibung des Ehelebens sei, so Rüdebusch zu ihren 20 Zuhörern, in diesem Blatt Frauenzeitschriften ähnlich. Frauen sollten nach acht Stunden Arbeit in der Fertigung oder im Büro den Haushalt mit links schaffen, oder mal “etwas Verrücktes” tun, wie auf dem Boden sitzend ein Buch lesen oder spontan picknicken. Schminktipps und Anleitungen zum ändern alter oder zum schneidern neuer Kleidung, die später durch Aufrufe zum Kauf neuer Ware ersetzt worden seien, waren ebenfalls im ‘Ring’ enthalten.

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Man habe sich wie in einer großen Familie gefühlt und aufeinander achtgegeben, erinnerte sich Peter Homfeldt, die Arbeit im Werk galt als Privileg, Kinder seien stolz gewesen auf den Arbeitsplatz des Vaters. Und es sei viel erzählt und gesungen worden.

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