Nach dem Kirchgang holte man die Post bei Zimmermann

Die Entwicklung des Postverkehrs in Schortens

In Zusammenhang mit dem Begriff „Post“ denkt heute jeder zuerst an die Schließung von Poststellen. Der Rückzug des ehemaligen Monopol-Unternehmens aus vielen Gebieten ist, nach Zulassung verschiedener Mitbewerber schon über einen längeren Zeitraum Wirklichkeit. Private Unternehmen drängen auf den Markt und natürlich erst einmal in die lukrativen Lücken (Verteilung von Katalogen, Werbung usw.). Hinzu kommt der Fortfall von Briefpost die zu einem nicht unerheblichen Teil durch E-Mails abgelöst wurde. Der Post die alleinige Verantwortung für die gegenwärtige Entwicklung anzulasten, ist daher sicherlich zu oberflächlich geurteilt.

Die privaten Dienstleister mit erheblich längeren Öffnungszeiten bieten gegenüber den früheren Postfilialen auch Vorteile und so werden wir den Wandel wohl langsam akzeptieren.

clip_image002In Schortens gehört die Post im Gebäude an der Weserstraße seit Anfang 2010 auch der Vergangenheit an. Neben dem Bürgerhaus, in der Ortsmitte war sie für Einwohner der zentraleren Ortsteile gut erreichbar. Das traf für viele Bürger in entfernteren Ortsteilen seit der Schließung von dortigen Filialen schon lange nicht mehr zu. Sehen wir uns einmal an, wie alles angefangen hat.

Bis ins späte Mittelalter wurden Mitteilungen der Privilegierten per Boten versandt. Das Volk hatte wenig Gründe, Briefe zu versenden. Zum einen waren die meisten Menschen nicht des Schreibens mächtig und es war, anders als heute eine Ausnahme, dass jemand den Familienverband verließ und das Bedürfnis hatte seinen Angehörigen aus der Ferne irgendwelche Botschaften zu übermitteln. Trat der Fall ein, dass jemand sich weiter entfernte, galt er eben als verschollen. Der aufkommende Handel erforderte aber neue Formen der Kommunikation. So entwickelten sich im 17. Jahrhundert verschiedene Postlinien, vor allem zwischen den Hanse- und holländischen Hafenstädten. Viele führten durch das Oldenburger Land nicht zuletzt, um den Wirren des dreißigjährigen Krieges zu entgehen. Um 1660 richtete Graf Anton Günther unter Postmeister Magnus von Höfften einen regelmäßigen Reitpostdienst ein.

Dieser zunächst noch private Dienst wurde schnell ein Glied der Thurn- und Taxischen Reichspost. 1734 ging neben der von Höfftschen reitenden Post die erste oldenburgische Fahrpost nach Ostfriesland. Am 1. Mai 1800 übernahm der Staat das gesamte Postwesen. Die hochinteressante Postgeschichte im Rahmen dieses Berichts zu vermitteln, ist nicht möglich. Wenden wir uns darum der Postgeschichte unserer unmittelbaren Umgebung zu.

clip_image004Dem Postanzeiger von 1826 ist zu entnehmen, dass die reitende Post aus Rastede, Delmenhorst, Bremen usw. dienstags um halb Zwei in Oldenburg eintraf und gleich weiter ging nach Jever und ganz Ostfriesland. Wie erfolgte nun die Unterverteilung? So genannte Landboten übernahmen in Jever an genau festgelegten Wochentagen und Zeiten die eintreffende Post, nachdem sie die aus ihren Heimatorten mitgebrachten Sendungen angeliefert hatten. Als Beispiel möchte ich noch einmal aus dem Postanzeiger zitieren: „LANDBOTEN. Sonntag und Donnerstag 5 Uhr morgens geht der Bote nach Tettens, Hohenkirchen, Minsen, Horumersiel, Friederikensiel, Alt- und Neugarmssiel, Wangerooge etc. und kommt von daher am Montag und Donnerstag 5 ¼ Uhr nachmittags.“

Der Schortenser Landbote musste am Sonntag und Donnerstag jeweils um 7 Uhr in Jever sein, und wurde wie es heißt, sofort abgefertigt. Er hatte die mitgebrachten Briefsendungen bei dem Wirt Zimmermann abzuliefern, der laut Adressbuch von 1839 ein Postlager betrieb. Nach dem Kirchgang ging man dort vorbei, um sich nach eingegangener Post zu erkundigen. Natürlich nahm man auch die der Nachbarn mit, denn regelmäßige Kirchgänge aller Einwohner mit den weit auseinander liegenden Bauernschaften waren keineswegs üblich. Der Landbote hatte offensichtlich auch Nebeneinkünfte. In einer Gemeinderatssitzung vom 6. Januar 1857 werden laut Protokoll dem Postboten Wilke Harms jährlich 5 Thaler zugestanden, damit er die für die Gemeinde bestimmte Post mitnimmt.

1874 drei Jahre nach Einrichtung der Bahn von Sande nach Jever wurde eine Postagentur der „Kaiserlichen Postverwaltung“ im Bahnhofsgebäude in Heidmühle eingerichtet. Diese wurde vom damaligen Eisenbahn-Weichenwärter Ahlers betreut. Sein Nachfolger war laut Staatskalender von 1890 der Weichenwärter Hellmers. Interessant ist eine weitere Eintragung im Gemeinderats-Protokoll vom 24. Juni 1875: „Vorgelegt wurde ein Schreiben der Postagentur in Heidmühle betreffend die Aufstellung von Briefkästen in Schortens und Groß-Ostiem: Der Gemeinderat glaubt, dass die Aufstellung von Briefkästen in hiesiger Gemeinde unnötig sei, weil der Postbote ausgenommen an Sonntagen täglich in mehreren bekannten Häusern einkehrt, wo die Briefe aufgegeben werden.“

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Das erste Postamt entstand dann gleich gegenüber dem Bahnhof in der Oldenburger Straße dem heutigen Standort der „Friesen Apotheke“. 1914 befand sich die die Post dann im Haus von Postagent Haschen an der Jeverschen Straße, bevor sie dann nach vielen Plänen, zu denen auch die Bahnhofstraße gehörte, an den Standort in der Weserstraße verlegt wurde. Heute am Mühlenweg mit großem Parkplatz ist die Post auch an Wochenmarkttagen häufig in Verbindung mit Einkäufen bequem zu erreichen.

Schortens, Februar 2010

Alfred Amman

 

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