Im Mai 1991 begann der lange Kampf

Erinnerung an Olympia

Autor: JÖRG GRABHORN

Bild von Holger Ansmann, Peter Homfeldt und Dr. Lothar Knippert

Der Untergang der Olympia-Werke in Roffhausen ist bis heute unvergessen. Die Schließung eines der größten Arbeitgeber markiert einen der gravierendsten Einschnitte in der jüngeren Geschichte der Region. In diesem Jahr jährt sich der Beginn des Arbeitskampfes zum 20. Mal – und zugleich die Gründung des Unternehmens: 1946, also vor 65 Jahren, hatte sich Olympia in Roffhausen angesiedelt.
An dieses Doppel-Jubiläum soll nun erinnert werden. Das Technologie Centrum Nordwest (TCN), das in den früheren Olympia-Hallen entstand, der Heimatverein Schortens und die AWO Weser-Ems laden Ex-Olympianer, Zeitzeugen und Interessierte zu sechs Informations- und Begegnungsveranstaltungen ein.

Ein Rundgang über das Gelände zählt ebenso zum Programm wie ein Vortrag und die Besichtigung der Olympia-Ausstellung des Heimatvereins.
Wie TCN-Geschäftsführer Holger Ansmann, Peter Homfeldt, stellvertretender Vorsitzender des Heimatvereins und selbst Ex-Olympianer, sowie Dr. Lothar Knippert, stellvertretender Vorsitzender der AWO Weser-Ems, gestern erläuterten, geht es neben der Geschichte des Büromaschinenwerks auch um den Übergang zum TCN. Knippert hat als Oberkreisdirektor von Friesland diese Entwicklung seit August 1991 auf Engste begleitet.
Auch als AWO-Vorstandsmitglied steht er für den Wandel des Standorts Roffhausen: Im Mai wird die AWO die Kantine auf dem TCN-Gelände wiedereröffnen.
AEG Olympia war 1903 in Berlin gegründet worden und 1923 nach Erfurt umgesiedelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg schauten sich die Vorstandsmitglieder zunächst in Bielefeld nach einem Areal für einen Neuanfang um. Fündig wurden sie aber in Roffhausen. Im früheren Marinegerätelager begann 1946 ein 28-köpfiges Team mit den Vorbereitungen für die Schreibmaschinenproduktion. 1947 kam das erste Modell, die „Orbis“, auf den Markt. Olympia legte in den folgenden Jahren ein rasantes Wachstum hin.
In der Spitze, im Jahre 1970, waren in Roffhausen 13 000 Mitarbeiter beschäftigt. Olympia prägte durch den Bau von Wohnungen für Mitarbeiter auch die Entwicklung von Roffhausen. In den 1970er Jahren begann der Niedergang des Unternehmens. Dem Siegeszug der Elektronik und der Konkurrenz aus Fernost hatte Olympia nichts entgegenzusetzen. Zwar gab es viel versprechende Ansätze. So entwickelten Ingenieure von Olympia den ersten Mikroprozessor Europas, berichtete Peter Homfeldt. Das Aufgabenfeld Elektronik wurde aber komplett dem Schwesterunternehmen Telefunken zugeordnet. Schreibmaschinen wiederum, so Holger Ansmann, ließen sich nicht mehr wirtschaftlich herstellen.

Die Zahl der Mitarbeiter sank kontinuierlich. 1988 warnte der Betriebsrat, der Standort sei gefährdet, erzählt Ansmann, damals Vorsitzender der Arbeitnehmervertretung. Zwischenzeitlich wurden im Werk auch Kaffeemaschinen hergestellt, um die Produktion auslasten. Im Mai 1991 sprach die Konzernspitze erstmals von einer Schließung des Standorts Roffhausen. Die Region übte daraufhin über Partei- und kommunale Grenzen hinweg den Schulterschluss. Eine große Demonstration am 29. Mai 1991 auf dem Rathausplatz in Wilhelmshaven markierte den Auftakt des Arbeitskampfes. Spektakuläre Aktionen folgten: So ketteten sich Olympianer ans Tor von Daimler Benz in Stuttgart und blockierten den Zugang. Daimler hatte AEG Telefunken 1987 übernommen. Der Beschluss, Roffhausen zu schließen, wurde am 9. Dezember 1991 am AEG-Sitz in Frankfurt gefasst.
Mehr als 1000 Olympianer fuhren mit einem Sonderzug dorthin. Sie forderten: „Das Herz der Region muss weiterleben.“ Der Konzern ließ sich jedoch nicht beeindrucken.

Am 18. September 1992, nach mehr als zehn Monaten, zogen die Olympianer auch die Mahnwache vor der Daimler-Zentrale in Stuttgart ab. Ansmann: „Das war das Signal für das Ende des Arbeitskampfes.“ Olympia wurde „abgewickelt“, parallel entstand das TCN – in das auch frühere Olympia-Sparten ausgegliedert wurden. Im TCN sind heute 62 Unternehmen mit 2700 Beschäftigten ansässig: Klein-Unternehmen ebenso wie international agierende Dienstleister wie die Bertelsmann-Tochter Arvato.
Das, so Ansmann, zeige, dass es immer wieder Kraft für neue Projekte gebe.

Quelle: Wilhelmshavener Zeitung vom 22.03.2011, Seite 11

Für die Info-Treffen sind zunächst sechs Termine geplant (jeweils mittwochs von 15 bis 17 Uhr): 13. und 27. April, 11. und 18. Mai sowie 8. und 22. Juni. Jeweils 40 Interessierte können teilnehmen.

Anmeldung (unbedingt erforderlich): Tel. 04421/ 97 84-0; Fax 97 84-31; E-Mail: info@tcn-nordwest. de

Sollten die Termine nicht ausreichen für alle Interessierten, sollen weitere Treffen angeboten werden.

TCN, Heimatverein und AWO planen darüber hinaus weitere Veranstaltungen anlässlich des 20. Jahrestags der Bekanntgabe der Schließung von Olympia für das zweite Halbjahr 2011.
Einzelheiten stehen jedoch noch nicht fest.

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